Rom, Marseille (epd). Papst Franziskus hat zum Abschluss des Mittelmeer-Treffens in Marseille die aktuelle Migrationspolitik scharf kritisiert. Es gebe einen „Schmerzensschrei, der am lautesten erschallt“, sagte der Papst am Samstag mit Blick auf das Leid und den Tod von Flüchtlingen und Migranten. Das Mittelmeer, die Wiege der Zivilisation, werde zum „Grab der Menschenwürde“.
Das etwa einwöchige Mittelmeer-Treffen in der französischen Hafenstadt, an dem neben 70 Bischöfen und Vertretern weiterer Religionen und Konfessionen auch Politiker und Akteur der Zivilgesellschaft teilnahmen, stand in diesem Jahr unter dem Motto „Mittelmeer - Mosaik der Hoffnung“. Im Publikum saßen während der Abschlusskundgebungen auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und dessen Ehefrau Brigitte.
Marseille sei seit Jahrhunderten ein offener Hafen, andere Mittelmeerhäfen hingegen hätten dichtgemacht, sagte Franziskus mit Bezug auf die aktuellen Diskussionen um Migration und Flüchtlinge. „Aber diejenigen, die ihr Leben auf dem Meer riskieren, sind keine Invasoren, sie suchen Aufnahme.“ Es brauche eine „europäische Verantwortung, die in der Lage ist, die objektiven Schwierigkeiten anzugehen.“
Franziskus warnte vor einem „Schiffbruch der Zivilisation“, dem vorgebeugt werden müsse. Die Lösung bestehe nicht in der Ablehnung, „sondern - den jeweiligen Möglichkeiten entsprechend - in der Sicherstellung einer Vielzahl von legalen und regulären Einreisemöglichkeiten, die dank einer ausgewogenen Aufnahme in Europa in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern möglich sind“, betonte der Papst. Zu sagen „genug“, bedeute hingegen die Augen zu verschließen.
Die Begegnung in Marseille war das dritte sogenannte Mittelmeer-Treffen. Es hatte 2020 zum ersten Mal auf Initiative der italienischen Bischofskonferenz in Bari stattgefunden. In diesem Jahr nahmen auch viele junge Menschen an der Konferenz teil.
Bereits am Freitagabend hatte Papst Franziskus nach seiner Ankunft in Marseille das Ertrinken von Migranten im Mittelmeer mit deutlichen Worten verurteilt und sich in Sichtweite eines Denkmals für Ertrunkene an die Helferinnen und Helfer in der Seenotrettung gewandt. Oft genug könnten private Rettungsschiffe wegen angeblicher Sicherheitsmängel nicht auslaufen: „Das“, sagte der Papst, „sind Gesten des Hasses gegen die Geschwister, die sich als maßvolles Verhalten tarnen. Danke für das, was ihr tut.“