Berlin (epd). Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hält Debatten über eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich für absurd. Bei dem horrenden Fachkräftemangel müsse der Akzent auf der Aktivierung von Arbeit liegen, sagte Steinbrück dem Berliner „Tagesspiegel“ (Donnerstag) und betonte: „Wir müssen zweifellos mehr arbeiten.“
„Alle Beschäftigten in Deutschland arbeiten im Jahresschnitt 1.350 Stunden, Vollzeitbeschäftigte 1.600 Stunden. Das ist so gering wie in fast keinem anderen Land“, sagte Steinbrück, der bis 2009 Finanzminister war und 2013 als SPD-Kanzlerkandidat gegen die Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) unterlag. Angesichts der demografischen Entwicklung und des Mangels an Fachkräften müsse die Arbeitszeit insbesondere zur Finanzierung der Sozialversicherungen steigen, sagte Steinbrück: „Das sagen die Politiker bloß nicht, weil sie den Konflikt scheuen.“
Der 76-Jährige wandte sich gegen eine falsche Vorstellung von sozialer Absicherung. „Politik muss diejenigen fördern, die unverschuldet Not leiden, über schlechte Startchancen verfügen oder im Wandel besonderen Belastungen ausgesetzt sind“, sagte er. Die Politik sei „aber nicht dazu da, allen Bürgern alle Widrigkeiten zu kompensieren. Ihr fehlt die Courage, darauf hinzuweisen, dass wir unseren Wohlstand mit Verteilungsspielräumen nicht anstrengungslos aufrechterhalten können.“