Verurteilter Mainzer kommt nach 53 Jahren aus dem Gefängnis frei

Verurteilter Mainzer kommt nach 53 Jahren aus dem Gefängnis frei

Koblenz, Diez (epd). Nach rekordverdächtigen 53 Jahren im Gefängnis ist der wegen eines Doppelmordes verurteilte Mainzer Klaus Bräunig auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Das Landgericht Koblenz bestätigte am Mittwoch, dass eine entsprechende Entscheidung der Strafvollstreckungskammer rechtskräftig sei. Der mittlerweile 79-Jährige hatte seine lebenslange Haftstrafe zuletzt im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Diez abgesessen. Er bestreitet bis heute, der Mörder einer Mainzer Kinderärztin und ihrer 17-jährigen Tochter gewesen zu sein, die im April 1970 in ihrem Bungalow getötet worden waren.

Der Hilfsarbeiter war nach dem Doppelmord festgenommen worden, als er dabei erwischt wurde, wie er Frauen durch Fenster beim Ausziehen beobachtete. Bei anschließenden Verhören ohne Anwesenheit eines Anwalts gestand er dreimal, er habe die beiden Frauen getötet, widerrief die Geständnisse jedoch im Anschluss wieder. Obwohl es keine weiteren Indizien für Bräunigs Täterschaft oder entsprechende Spuren am Tatort gab, wurde er 1972 wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

In der Vergangenheit waren verschiedene Anläufe auf vorzeitige Entlassung aus der Haft immer wieder von Gerichten abgelehnt worden - unter anderem, weil Bräunig weiter auf seine Unschuld pochte und somit nach Überzeugung der Richter keine Reue zeigte. Der Fall sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für mediales Interesse, weil in der Geschichte der Bundesrepublik kaum jemand eine derart langwierige Haftstrafe abgesessen hat.

2023 hatte Bräunigs Anwältin Carolin Arnemann schließlich mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. Die Ablehnung der Bewährungsanträge sei nicht verhältnismäßig gewesen. Arnemann sagte am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd), sie kämpfe weiter für eine vollständige Rehabilitierung ihres Mandanten: „Diese Bemühungen gehen weiter.“ Die Entlassung auf Bewährung sei unabhängig von einem angestrebten Wiederaufnahmeverfahren erfolgt.