Kassel (epd). Ehepaare mit unerfülltem Kinderwunsch können sich die vollen Kosten für eine Kinderwunschbehandlung erstattet lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Ehepartner gesetzlich und der andere privat versichert ist und beide Versicherungen die Übernahme der hälftigen Behandlungskosten zugesichert haben, urteilte am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 1 KR13/22 R) Nur weil eine private Krankenkasse sich zur hälftigen Kostenbeteiligung bereiterklärt hat, erlischt den obersten Sozialrichtern zufolge damit nicht die Zahlungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse.
Nach dem Gesetz muss die Gesetzliche Krankenversicherung eine Kinderwunschbehandlung zur Hälfte bezahlen. Die Maßnahme muss zur Herbeiführung einer Schwangerschaft medizinisch erforderlich und das Kinderwunschpaar verheiratet sein. Es dürfen zudem nur Ei- und Samenzellen der Eheleute verwendet werden. Ein Anspruch auf hälftige Kostenbeteiligung besteht nur für Ehepaare, die mindestens 25 Jahre alt sind. Frauen dürfen nicht das 40. und Männer nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben.
Im konkreten Fall hatte die gesetzlich versicherte Klägerin von ihrer Krankenkasse die Zusage erhalten, dass entsprechend der gesetzlichen Regelungen die Hälfte der Kosten für eine sogenannte ICSI-Kinderwunschbehandlung übernommen werden. Dabei wird eine einzelne Samenzelle mit einer feinen Nadel direkt in eine zuvor entnommene Eizelle eingeführt und dann der Frau wieder eingesetzt.
Als der an einer Unfruchtbarkeitsstörung leidende Ehemann bereits von seiner privaten Krankenkasse die Hälfte der Behandlungskosten erstattet bekam, meinte die gesetzliche Krankenkasse der Frau, dass sie nun nichts mehr zahlen müsse. Das Gesetz sehe nur eine hälftige Erstattung der Behandlungskosten vor. Dass ein Ehepaar die gesamten Kosten erstattet bekommt, sei nicht vorgesehen.
Doch der Anspruch auf hälftige Kostenerstattung gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse erlischt damit nicht, urteilte das BSG. Dies gilt zumindest dann, wenn die private Krankenversicherung des anderen Ehepartners auch nur die Hälfte zahlt. Gesetzlich sei nicht geregelt, ob private und gesetzliche Krankenversicherungen sich die Kosten teilen müssten. Allerdings könnten Ehepaare nicht mehr bekommen, als die Behandlung eigentlich kostet. Zahle etwa die private Krankenversicherung die gesamte Kinderwunschbehandlung, müsse die gesetzliche Krankenversicherung des anderen Ehepartners keinen Beitrag mehr leisten.