München (epd). 25 Fragen soll der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu dem mutmaßlich von ihm verfassten antisemitischen Flugblatt schriftlich beantworten. Diese Hausaufgabe hat ihm Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag gegeben. „Am Ende der Debatte darf kein Restzweifel bleiben“, sagte Söder in einer Pressekonferenz nach der Sitzung. „Die heutigen Aussagen reichen aber definitiv nicht aus für eine abschließende Bewertung. Es blieben und bleiben viele Fragen offen“, sagte Söder.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte am Samstag berichtet, Hubert Aiwanger stehe im Verdacht, 1987/88 am Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Aiwanger bestreitet, Autor des Textes zu sein. Er bezeichnete die Inhalte des Flugblattes als „ekelhaft und menschenverachtend“. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe erklärte stattdessen sein Bruder, er sei der Verfasser.
Söder bezeichnete das Flugblatt als „übelsten Nazi-Jargon“ und „keine bloße Jugendsünde“. Schon jetzt ist der Schaden für den Ruf Bayerns und auch für die persönliche Glaubwürdigkeit Hubert Aiwangers hoch, sagte Söder. Die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern sehe er dadurch jedoch nicht infrage gestellt. Solange es keine neuen Beweise gebe, „wäre eine Entlassung aus dem Amt eines Staatsministers ein Übermaß“, sagte Söder weiter.
Zusammen mit der SPD wollen die Grünen und die FDP eine Sondersitzung des Landtags einberufen. Die Grünen-Landtagsfraktion forderten ein Ende der „Hinhaltetaktik von Markus Söder“. Der Fragenkatalog an Aiwanger, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, müsse offengelegt werden, sagte der Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Hagen schloss sich der Forderung an: „Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen Hubert Aiwanger sind keine exklusive Sache zwischen CSU und Freien Wählern.“
Das Flugblatt ruft laut SZ-Recherche zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: „Wer ist der größte Vaterlandsverräter?“ Bewerber sollten sich „im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch“ melden. Als erster Preis wird ausgelobt: „Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“.
Die Berichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“ führte zu mehreren Beschwerden beim Deutschen Presserat. Bis Dienstagmittag seien sechs Beschwerden eingegangen, teilte der Presserat in Berlin mit. Dabei sei es unter anderem um die Seite-3-Geschichte „Das Auschwitz-Pamphlet“ wie auch um nachrichtliche Beiträge auf sueddeutsche.de gegangen.