Essen, Berlin (epd). Mit einer Reform des Unterhaltsrechts will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die finanziellen Lasten getrennter Eltern fairer verteilen. Die Eckpunkte würden in wenigen Tagen veröffentlicht, und der Gesetzentwurf werde dann möglichst schnell folgen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Die Reform ist im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbart. Kinderschutzbund, SPD und Grüne begrüßten die Pläne grundsätzlich, mahnten aber, die Ansprüche von Kindern und alleinerziehenden Müttern zu achten. Die Linke warnte vor mehr Alleinerziehenden und Kindern in Armut.
Im Kurznachrichtendienst X schrieb Buschmann, dass das Unterhaltsrecht in die Jahre gekommen sei. „Es geht von einer sehr traditionellen Vorstellung aus: Einer betreut, einer zahlt“, erläuterte er. Die gesellschaftliche Realität sei längst eine andere. Den Funke-Zeitungen sagte er, die Reform solle insbesondere Trennungsfamilien betreffen, in denen ein Elternteil die Hauptbetreuung leistet, der andere Elternteil sich aber auch zu 30 oder 40 Prozent bei der Erziehung einbringt. „Es muss einen Unterschied machen, ob sich jemand kaum oder zu einem gehörigen Anteil an der Kinderbetreuung beteiligt“, erklärte Buschmann. Die Entlastung könnte bei gut 100 Euro im Monat liegen.
Bei der Verteilung der Unterhaltslasten komme es sehr darauf an, wie viel die beiden Elternteile verdienten. Und es müsse sichergestellt sein, „dass kein Elternteil finanziell überfordert wird“. Dass die Reform zulasten hauptsächlich erziehender Frauen geht, die ohnehin finanziell zu kämpfen haben, glaubt Buschmann nicht. „Wenn wir Väter dazu motivieren, sich stärker in der Betreuung der Kinder zu engagieren, hilft das auch den Müttern“, sagte er: „Sie können dann etwa stärker berufstätig sein.“
Der Deutsche Kinderschutzbund hält die Reform im Grundsatz für richtig. „Es muss aber sichergestellt werden, dass eine mögliche Neuregelung nicht zum Nachteil der betroffenen Kinder ausfällt“, sagte Bundesgeschäftsführer Daniel Grein den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Ansprüche von Kindern dürfen weder gesetzgeberisch noch in der Praxis gemindert werden.“
Dem stimmte SPD-Chefin Saskia Esken zu. Das Existenzminimum des Kindes müsse klar geschützt werden und die Reform dürfe auch nicht zulasten der zumeist in der Hauptsache erziehenden Mütter gehen, sagte sie den Funke-Zeitungen (Sonntag). „Es ist völlig klar, dass ihre finanziellen Aufwände für das Kind durch die geteilte Sorge nur geringfügig sinken.“ Ähnlich äußerte sich auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg: „Die Reform muss verschiedene Lebensweisen berücksichtigen, darf aber nicht zum Armutsrisiko werden“, sagte er den Funke-Zeitungen. Darauf werde im parlamentarischen Verfahren geachtet.
Der familienpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Gökay Akbulut, bezeichnete die angekündigten Änderungen als „besorgniserregend“. Sie berücksichtigten nicht die Lebensrealität von Alleinerziehenden und ihren Kindern. „Bei einer Reform des Unterhaltsrechts muss berücksichtigt werden, dass drei Viertel der Unterhaltsberechtigten die vorgeschriebenen Unterhaltszahlungen nicht oder nur teilweise erhalten“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Dort müsse eine Reform ansetzen. „Unterhaltskürzungen werden mehr Alleinerziehende und Kinder in die Armut stürzen“, warnte sie. „Knapp jede zweite Alleinerziehende und ihre Kinder sind schon jetzt von Armut betroffen.“
„Wenn die Bundesregierung möchte, dass die Mütter stärker berufstätig werden, soll sie sich um mehr Kitaplätze und Angebote für Ganztagsbetreuung engagieren“, forderte Akbulut. Denn die Flexibilisierung der Arbeitszeiten stelle für viele Alleinerziehende ein großes Problem dar.