Als die Lan-Party am Sonntagnachmittag mit einem Online-Gottesdienst zuende geht, sieht man den Teilnehmern an, was sie die letzten zwei Nächte vor allem getan haben: exzessiv gezockt. Im Team oder gegeneinander, Strategie, Sport, auch der unvermeidliche Egoshooter Counterstrike war dabei. Das Licht ist gedämpft, die Augen klein, die jungen Menschen etwas durch - aber freundlich. Abgesehen von den vielen Rechnern wirkt die Stimmung tatsächlich wie am Ende einer gelungenen Party.
Die meisten Bildschirme sind noch an und auf einigen läuft sogar der Onlinegottesdienst. Auch auf der großen Leinwand über der Bühne sieht man Pfarrer Rasmus Bertram und Eventpastor Mickey Wiese, die online gestellte Fragen beantworten und auf Einwände eingehen. Der Ton ist nicht laut. Ruhige Gespräche, Spiele oder andere Aktivitäten im Saal werden nicht unterbrochen. Lautstärke scheint zu diesem Zeitpunkt sowieso nicht sehr gefragt zu sein.
"Was wollen die mir da eigentlich verkaufen?"
Ein ganzes Wochenende lang: Computerspiele und Online-Andachten. Foto: Georg Klein
Der Pfarrer und der Pastor halten den Gottesdienst zusammen mit einer Moderatorin, einer Band und zwei Kameraleuten in einem kleinen Studio im Obergeschoss. Im Raum nebenan steuern freiwillige Helfer professionell der Ton aus. Andere bereiten die online eingehenden Fragen und Beiträge auf. Eine ganze Menge Beiträge, wie es aussieht, auch aus dem Saal unten. "Wir haben vielleicht 30 Prozent von dem, was reinkam, ansprechen können", sagt später Teamleiter Patrick Rompf. Er freut sich, dass diesmal über 100 Teilnehmer im Gottesdienst waren. Rompf und einige seiner Freunde haben die Veranstaltergruppe Sublan.de vor sechs Jahren gegründet - damals noch in einer kleineren christlichen Einrichtung mit Internetcafé.
"Das kommt nicht von alleine, das muss man sich erarbeiten", sagt Rompf heute stolz, nachdem die Lan-Party zum ersten mal bis auf den letzten Platz ausverkauft war. "Eine Kirche ist eine gewisse Hemmschwelle, die Leute fragen: Was wollen die mir da eigentlich verkaufen? Ist das überhaupt 'ne richtige Lan-Party oder wird da nur Sims gespielt?"
Vorbehalte, die auch die Teilnehmer des "Wild 4 Sports"-Teams hatten. Sie sind halbprofessionelle Vereinsspieler, die schon in Trikots ihrer Sponsoren aus dem Gamerbereich zum Turnier antreten. Am Ende der Veranstaltung zeigen sie sich erfreut über die gute Organisation und die unaufdringliche Präsentation. Für einen, der sich als Atheisten sieht, sind es sogar "interessante Einblicke, ohne zu etwas gedrängt zu werden."
"Früher hat man auch Räuber und Gendarm gespielt"
Natürlich gab es auch von der anderen Seite Bedenken. Pfarrer Rasmus Bertram hatte noch vor einigen Jahren ein bestimmtes Bild von Menschen, die sich die Zeit mit Computerspielen vertreiben. Doch dann kamen die Sub-Lan Organisatoren zu ihm und erzählten von ihren Problemen: dass nicht mal andere Gläubige sie akzeptieren, geschweige denn, dass sie als junge Christen von anderen Gamern ernst genommen werden.
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Bertram sah sich die Spiele an, auch die problematischen, und die Gamer-Szene. Er sah keine vereinsamten, langsam kränkelnden zukünftigen Amokläufer, sondern "oft sehr kluge, sehr fitte, auch sehr geschickte Leute. Leute, die gemeinsam etwas machen, überhaupt nicht das klassische Bild, das ich hatte."
Und die Egoshooter? Bertram sieht beim auch auf der Party gespielten Genre Klassiker Counterstrike Geschicklichkeit, Strategie und Teamwork im Vordergrund. "Ich weiß nicht ob das nicht normalerweise auch im Vorabendprogramm laufen könnte", sagt er, und meint, dass die Gewaltdarstellung zwar vorhanden ist, aber eine vergleichsweise kleine Rolle spielt. "Früher hat man auch Räuber und Gendarm gespielt", sagt Patrick Rompf dazu. "Da gab es auch die Guten und die Bösen. Das ist bei Counterstrike im Prinzip genau das gleiche. Es gibt die Terroristen und die Polizisten, die gegeneinander antreten."
Wie ein Kirchentag in der virtuellen Welt
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Die gegenseitige Anerkennung sollte durch die inzwischen erfolgreichste und größte Lan-Party im Rhein-Main-Gebiet auf jeden Fall verbessert werden. "Leute kennenlernen und zusammen eine gute Zeit haben" ist das, was für Rompf, auch im digitalen Zeitalter, eine gute Veranstaltung ausmacht. "Wir haben den Slogan Begeisterung teilen. Die Begeisterung am Zocken zu teilen, aber auf der anderen Seite auch die Beteiligung am Glauben. Wir finden das für unser Leben gut. Wenn ihr Bock drauf habt, können wir uns auch drüber unterhalten, aber zwingen tun wir hier keinen zu irgendwas."
Bleibt die Frage, was das junge Sub-Lan Team in Zukunft noch weiter erreichen kann. Bei aller freiwilligen Mitarbeit kratzen die Kosten allein für die Technik an der oberen Budgetgrenze der Jugendkirche. Rompf, der inzwischen studiert, hätte schon konkrete Ideen, wie man Online-Gottesdienste auf eine breitere Basis stellen könnte: "Ich fände es gut, wenn man eine Plattform zur Verfügung stellt, auf der sich jeder andocken kann. Wo man die technischen Möglichkeiten vorfindet und nicht alles selber machen muss. So etwas wie YouTube, wo mir die Leute auch etwas schicken können und wo ich mein Video reinspielen kann. Das könnte man auch anderen Gemeinden zur Verfügung stellen und es zu einem ergänzenden Element zum lokalen Gottesdienst machen."
Nach Gottesdienst und Preisverleihung herrscht allgemeines Packen, Rechner werden abgebaut. Freundliche Abschiedsworte, Gelächter, Umarmungen. "Die Stimmung ist fast ein bisschen wie auf einem Kirchentag", sagt Pfarrer Bertram dazu. Man hat eine Zeitlang gemeinsam in virtuellen Welten gelebt und gegnerische Taktiken bestaunt. In all der Aufregung kam es sogar vor, dass man aus Versehen das eigene Raumschiff verkaufte. Die ersten drei Preise in der Strategiedisziplin Starcraft hat übrigens das Team mit den atheistischen Teilnehmern abgeräumt.