Stuttgart, Berlin (epd). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekommt für ihre Pläne für eine schärfere Abschiebepraxis Kritik aus den eigenen Reihen. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft „Migration und Vielfalt“ in der SPD, Aziz Bozkurt, sagte der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Freitag), Verschärfungen bei Abschieberegelungen führten keinesfalls zu mehr Abschiebungen, jedoch ergäben sich schwierige humanitäre Fragen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rief die Bundesregierung in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) zum Handeln auf.
„Unsere Kommunen sind am Limit“, sagte Wüst. Trotzdem verschenke die Bundesregierung wertvolle Zeit. Für eine unmittelbare Entlastung müsse Innenministerin Faeser die bereits mit den Ländern vereinbarten Neuregelungen bei Abschiebungen sofort umsetzen. „Doch statt Konsequenz gibt es nur Diskussionspapiere: zu wenig, zu langsam, zu zögerlich“, kritisierte der CDU-Politiker Wüst.
Das Bundesinnenministerium hatte am Mittwoch ein Papier mit Vorschlägen zur Verschärfung der Abschieberegeln vorgelegt. Es sieht unter anderem vor, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams, mit dem ein ausreisepflichtiger Ausländer festgesetzt werden kann, von 10 auf 28 Tage zu verlängern, die Gründe für eine Abschiebehaft auszuweiten und Asylbewerber unter Androhung von Strafen zur Mitwirkung am Asylverfahren zu bringen. Zudem sollen Polizisten künftig zur Durchsetzung einer Abschiebung in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als die des Betroffenen betreten können. Faeser will die Vorschläge nun mit Ländern und Kommunen erörtern.
Unter Anspielung auf Faesers Amtsvorgänger sagte der SPD-Politiker Bozkurt: „Es scheint die seehofersche Symbolpolitik zurückgekehrt zu sein, die niemandem hilft und kein Problem löst - besonders in den Kommunen nicht, die Unterstützung benötigen.“ Speziell die Ausweitung des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage und die Ausdehnung der Polizeibefugnisse seien „aus sozialdemokratischer Sicht mehr als schwierig“, betonte Bozkurt.