Frankfurt a.M., Niamey (epd). Nach Putschen in Mali und Burkina Faso haben auch im westafrikanischen Niger Militärs nach eigenen Angaben die gewählte Regierung abgesetzt. Am späten Mittwochabend verkündete eine Gruppe von Soldaten im Rundfunksender RTN die Machtübernahme. Der Generalstab der nigrischen Armee deutete am Donnerstag Unterstützung für die Putschisten an. Die Armeeführung erklärte laut dem Nachrichtenportal „Jeune Afrique“, dass eine Konfrontation zwischen den Streitkräften vermieden werden solle.
Die UN, die EU und die Bundesregierung äußerten sich besorgt über die Entwicklung in dem Sahel-Staat, der für westliche Länder ein wichtiger strategischer Partner ist. Der festgesetzte Präsident Mohamed Bazoum sei sofort freizulassen, forderte UN-Generalsekretär António Guterres. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte nach einem Telefonat mit ihrem nigrischen Amtskollegen Hassoumi Massoudou laut Mitteilung ihres Ministeriums, der Putsch sei „ein Schlag ins Gesicht der vielen Nigrerinnen und Nigrer“, die in den letzten Jahren so viel dafür gegeben hätten, dass ihr Land eine bessere Zukunft habe.
Die Militärs, die nach eigenen Angaben für einen „Nationalrat für den Schutz des Vaterlandes“ (CNSP) sprechen, hatten ihre Machtergreifung mit der Verschlechterung der Sicherheitslage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation begründet. Laut „Jeune Afrique“ warnte der Generalstab auch vor den „verheerenden und unkontrollierbaren“ Folgen einer Militärintervention von außen.
Bereits am Mittwoch hatte es Berichte über einen Putschversuch gegeben. Mitglieder der Präsidentengarde hatten laut lokalen Medien den Palast von Präsident Bazoum blockiert, der seit 2021 im Amt ist. Noch am Nachmittag erklärte die nigrische Präsidentschaft auf Twitter, dass es dem Staatschef und seiner Familie gut gehe.
Mit der Machtergreifung des Militärs droht eine weitere Destabilisierung der Sahel-Region. Zuletzt hatte es auch in den Nachbarländern Mali und Burkina Faso Putsche gegeben. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, der „Putschversuch“ müsse enden und die demokratische Ordnung des Landes bewahrt werden. Die Bevölkerung habe das Recht auf eine friedliche und demokratische Entwicklung, schrieb sie auf Twitter.
Die Entwicklungen könnten auch Folgen für den geplanten Abzug der Bundeswehr aus Mali haben, bei dem der Niger eine wichtige Rolle spielt. Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr erklärte, die Lage sei unübersichtlich. Der nigrische Luftraum sei nach derzeitigem Kenntnisstand gesperrt. Die in der Hauptstadt Niamey stationierten Soldatinnen und Soldaten befänden sich jedoch in Sicherheit. Dort sind rund 100 deutsche Streitkräfte des Blauhelmeinsatzes Minusma stationiert und etwa ein weiteres Dutzend, das an der EU-Ausbildungsmission EUMPM teilnimmt.
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, die westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas sowie die Afrikanische Union hatten das Vorgehen der Streitkräfte im Niger verurteilt.
Der Sahel-Experte Ulf Laessing sagte, es sei noch schwer einzuschätzen, wie viel Rückhalt die Putschisten hätten. Vieles deute auf einen internen Machtkampf hin, sagte der Leiter des Sahel-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Niger zählt mit mehr als 26 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt. Zudem sind zahlreiche islamistische Milizen aktiv, vor allem in der Grenzregion zu Mali und Burkina Faso.