Nairobi, Uppsala (epd). Beim anstehenden Russland-Afrika-Gipfel wird die Regelung von Getreideexporten nach Einschätzung der Friedensforscherin Angela Muvumba Sellström ein wichtiges Thema. Damit habe Russlands Präsident Wladimir Putin kalkuliert, als er das von den UN und der Türkei vermittelte Abkommen zur Ausfuhr von landwirtschaftlichen Gütern aus Russland und der Ukraine beendet hat, sagte die Expertin vom Nordic Africa Institute dem Evangelischen Pressedienst (epd). Putin wolle Exporte unabhängig von den internationalen Strukturen organisieren. Zugleich bräuchten afrikanische Staatschefs dringend günstiges Getreide, um den hohen Nahrungsmittelpreisen entgegenzuwirken.
Am Donnerstag und Freitag findet der zweite Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg statt. In einem Beitrag auf der Website des Kreml hat Putin afrikanischen Ländern kostenlose Getreidelieferungen in Aussicht gestellt. Sellström sagte, für Russland sei es derzeit wichtiger als je zuvor, das Gefühl zu schaffen, dass das Land noch Freunde und Verbündete habe. Jedoch habe Russland „schon mehrfach Versprechen gemacht, die dann nicht erfüllt wurden“.
Eines der zentralen Interessen der afrikanischen Staatschefs beim Gipfel sei, dass Russland sich für einen permanenten Sitz Afrikas im UN-Sicherheitsrat einsetzt, sagte die Wissenschaftlerin vom Nordischen Afrika-Institut an der Universität Uppsala in Schweden. In der multipolaren Welt würden alte Strukturen infrage gestellt. Auch Länder wie Brasilien und Südafrika kritisierten das internationale System, von dem vor allem die sogenannten westlichen, wohlhabenden Länder profitierten. Zudem hätten afrikanische Länder aus den Verteilungskämpfen um die Corona-Impfstoffe gelernt, dass sie sich nicht auf die Unterstützung des Westens verlassen könnten. Deshalb sei es für sie wichtig, diplomatische Beziehungen zu unterschiedlichen Partnern zu pflegen.
Die russische Präsenz auf dem afrikanischen Kontinent sei in den vergangenen Jahren gewachsen, sagte Sellström. Russland sei der größte Waffenlieferant für Länder in Subsahara-Afrika, dicht gefolgt von China. Insgesamt habe Russland mit etwa 40 afrikanischen Ländern Verteidigungs- und Sicherheitsabkommen. Doch gebe es wenig direkte Investitionen in die Wirtschaft. Vielmehr expandierten Firmen, die eng mit dem russischen Staat verknüpft seien, etwa die private Militärfirma Wagner. Wie auch andere Staaten habe Russland großes Interesse, in afrikanischen Ländern Rohstoffe abzubauen und zu exportieren.