Berlin (epd). Nach Einschränkungen in den Jahren der Corona-Pandemie registriert das Auswärtige Amt einen Anstieg der Anträge auf Familiennachzug zu in Deutschland lebenden Ausländern. Das betrifft vor allem Flüchtlinge mit dem untergeordneten Schutzstatus. Seit Ende 2022 werde ein starker Anstieg an Terminnachfragen zur Beantragung eines Visums für Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten verzeichnet, erfuhr der Evangelischen Pressedienst (epd) aus dem Außenamt.
Aktuell gebe es rund 84.000 Termingesuche. Angehörige von Flüchtlingen mit diesem untergeordneten Schutz haben keinen Rechtsanspruch darauf, nachziehen zu dürfen, sondern müssen auf einen Platz im für sie gedachten Kontingent hoffen. 12.000 Plätze stehen dafür jährlich zur Verfügung.
Zu den Gründen für den Anstieg gab es keine Angaben. Die Zahl der Termingesuche sei immer eine Momentaufnahme und könne starken Schwankungen unterliegen, hieß es. Würden sich hinter allen Termingesuchen berechtigte Anliegen verbergen, würde es über die Kontingentregelung sieben Jahre dauern, bis alle dieser Menschen ein Visum bekämen. Eine Chance haben nur enge Angehörige, also Ehepartner, minderjährige Kinder oder - im Fall von in Deutschland lebenden Kindern - die Eltern.
Erstmals wurden den Angaben zufolge im ersten Halbjahr dieses Jahres alle Plätze in dem Kontingent ausgeschöpft. 6.300 Personen erhielten demnach von Januar bis Ende Juni ein Visum zum Nachzug zum subsidiär Schutzberechtigten. Die meisten dieser Visa wurden von den Auslandsvertretungen in Beirut, Istanbul und Erbil ausgestellt. Etwa genauso viele Visa (6.325) wurden für den Familiennachzug zu Flüchtlingen erteilt, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder dem Asylartikel im Grundgesetz anerkannt wurden. Diese haben einen Anspruch auf das Nachholen ihrer engsten Angehörigen.
Nach der großen Fluchtbewegung wurde 2016 für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz dieses Recht ausgesetzt. Die damalige Bundesregierung wollte damit den Zuzug Asylsuchender reduzieren. Betroffen waren vor allem Syrer, die oftmals nur den untergeordneten Schutz erhalten haben. 2018 legte die Bundesregierung dann für diese Gruppe ein Kontingent auf.
Bislang wurden die Plätze nie ausgeschöpft. 2022 wurden knapp 8.900 statt der 12.000 möglichen Visa erteilt. Die aktuelle Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat im Koalitionsvertrag angekündigt, auch für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz wieder einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug einzuführen. Ob und wann diese Ankündigung umgesetzt wird, ist offen.
Insgesamt wurden im ersten Halbjahr fast 66.000 Visa für den Familiennachzug ausgegeben, in der überwiegenden Mehrzahl für Ehepartner oder Kinder, hieß es aus dem Auswärtigen Amt weiter. Darunter sind auch Menschen, deren Angehörige in Deutschland arbeiten oder einen anderen Aufenthaltsstatus haben, der ihnen erlaubt, die Familie nachzuholen. Im gesamten Jahr 2022 erteilten die deutschen Auslandsvertretungen rund 117.000 Visa für den Familiennachzug.