Frankfurt am Main (epd). Die Wirtschaftswissenschaftlerin Nicola Fuchs-Schündeln hält das Ehegattensplitting unabhängig von der aktuellen Diskussion um die Kindergrundsicherung für überholt. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) nannte die Professorin für Makroökonomie an der Goethe-Universität Frankfurt ein Aus für das Steuermodell eine Reform, „die sehr viel Sinn machen würde in Deutschland und die man durchaus angehen sollte“. Das Ehegattensplitting sei ein „Steuersystem, das im Durchschnitt die Besserverdiener unterstützt“, kritisierte sie.
„Das ist keine familienpolitische Maßnahme, sondern eine Förderung der Ehe“, sagte die Ökonomin, die sich intensiv mit dem Thema Ehegattensplitting beschäftigt hat. Anders als in den 1950er Jahren, als das Ehegattensplitting eingeführt worden sei, kämen heute viele Kinder außerhalb von Ehen zur Welt und wüchsen auch nicht-ehelich auf. Außerdem gingen nicht aus jeder Ehe Kinder hervor, erläuterte Fuchs-Schündeln.
Die politisch derzeit diskutierte Forderung, die geplante Kindergrundsicherung durch ein Abschaffen des Ehegattensplittings zu finanzieren, drängt sich nach Fuchs-Schündelns Darstellung allerdings nicht unbedingt auf. Das sei „nicht das erste Instrument, an das man denken würde, wenn es darum geht, etwas anderes zu finanzieren“, sagte die Wissenschaftlerin.
Ein Aus für das Ehegattensplitting wäre sinnvoll, weil die aktuelle Rechtslage „ein Hinderungsgrund für das Einbeziehen von Frauen in den Arbeitsmarkt ist, welches aus Gründen der Gleichstellung gewünscht ist“ und wegen des Fachkräftemangels auch volkswirtschaftlich sinnvoll sei. „Das Ehegattensplitting hat allerdings sehr großes Beharrungsvermögen, weil viele Leute davon profitieren“, räumte Fuchs-Schündeln ein.
Das Ehegattensplitting abzuschaffen, würde nach ihren Worten zunächst einmal zu einer steigenden Steuerlast bei nahezu allen Ehepaaren führen. Damit stelle sich die Frage, ob die Steuerlast für alle Ehepaare dauerhaft höher sein solle oder ob das Geld gezielt dafür verwendet werde, Familien stärker zu unterstützen. Außerdem müsse die Politik eine Lösung für das Problem finden: „Wie federn wir das ab für schlechter Verdienende?“ Wenn es in den betroffenen Haushalten Kinder gebe und die Kindergrundsicherung eingeführt werde, „könnte das für sie finanziell ein Plus werden“, zeigte sich die Expertin optimistisch.