Klimaexpertin: Stadtplanung in Deutschland muss nachhaltiger werden

Klimaexpertin: Stadtplanung in Deutschland muss nachhaltiger werden
07.07.2023
epd
epd-Gespräch: Michael Bosse

Wuppertal (epd). Beim Wohnungsbau und der Stadtplanung in Deutschland werden nach Ansicht der Klimawissenschaftlerin Anja Bierwirth immer noch teilweise falsche Signale gesetzt und Aspekte der Nachhaltigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Gerade nach dem Hochwasser vom Juli 2021 hätte sie sich von der Politik ein Umdenken gewünscht, sagte die Wissenschaftlerin des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie dem Evangelischen Pressedienst (epd). So sei etwa im Ahrtal vornehmlich Wert darauf gelegt worden, das „wieder hinzustellen, was zerstört wurde“. Es sei aber weder für die Anwohner noch den Klimaschutz sinnvoll, jenen Zustand wieder herzustellen, der bereits in die Katastrophe geführt habe.

So seien zwar schnell Förderprogramme zum Wiederaufbau aufgelegt worden. „Es stellte sich dann aber heraus, dass bestimmte Sachen nicht gefördert wurden“, bedauerte die Leiterin des Forschungsbereichs Stadtwandel im Wuppertal Institut. So sei den Wünschen von Anwohnern, nachhaltiger zu bauen, bei den Förderanträgen keine ausreichende finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt worden. Die Richtlinie für den Wiederaufbau habe die „Crux“ enthalten, dass der Wiederaufbau der Gebäude im Grunde „die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes“ bedeute. „Und das macht aus Sicht der Nachhaltigkeit wenig Sinn“, erklärte die Wissenschaftlerin.

Sie könne zwar den Impuls verstehen, Zerstörtes im Ahrtal oder in der Eifel schnell wieder aufzubauen, räumte die Expertin ein. Gleichwohl seien beim Wiederaufbau falsche Schwerpunkte gesetzt worden. So solle die Förderung nach einem bundesweit einheitlichen Schema erfolgen. „Das halte ich für einen sehr verfehlten Ansatz, denn es gilt nicht für alle das Gleiche. Jedes Haus, jede Gemeinde hat unterschiedliche Potenziale“, betonte Bierwirth.

Zudem warnte die Wissenschaftlerin davor, die Entscheidung zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen auf eine untere Entscheidungsebene - wie etwa Kommune oder Privathaushalt - zu verlagern, die „damit überfordert ist“. Die Politik vor allem auf Bundesebene müsse bereit sein, eine „Entscheidung zu treffen und Verantwortung zu übernehmen“. Damit werde dann die Umsetzung vor Ort erleichtert und allen Beteiligten eine Strategie vorgegeben.