Berlin (epd). Die Bundesärztekammer hat an die Bundestagsabgeordneten appelliert, die für kommende Woche geplante Abstimmung über eine Regelung der Suizidassistenz noch einmal zu vertagen. Die Entwürfe seien erst kürzlich geändert worden, dadurch sei eine gründliche Befassung damit nicht möglich, sagte Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt am Mittwoch in Berlin. Eine Befassung dieser Art mit einer Entscheidung großer Tragweite sei „völlig unangemessen“. „Das hat nicht den ausreichenden Grad von Ernsthaftigkeit“, sagte er. Er plädierte für eine Entscheidung nach ausführlicher Debatte erst nach der Sommerpause.
Der Bundestag soll laut aktueller Tagesordnung am Donnerstag kommender Woche darüber entscheiden, wie nach einem grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Hilfe bei der Selbsttötung ermöglicht und reguliert werden soll. Es gibt dazu zwei Regelungsvorschläge, nachdem sich die beiden eher liberal ausgerichteten Abgeordnetengruppen auf einen Entwurf verständigt haben.
Die Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) betont darin das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und will die Vergabe von tödlich wirkenden Medikamenten nach einer Beratung ermöglichen. Eine Gruppe um Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) betont dagegen eher den Lebensschutz und macht neben einer Beratung auch eine psychiatrische oder psychotherapeutische Begutachtung zur Voraussetzung für eine straffreie Abgabe solcher Mittel.
Die Bundesärztekammer ist nach Angaben von Reinhardt mit keinem der beiden Entwürfe zufrieden. Der Ärztekammerpräsident kritisierte insbesondere aber den Entwurf von Helling-Plahr und Künast. Die dort formulierten Voraussetzungen - eine Beratung und eine Wartezeit von drei Wochen - reichten nicht aus, „um die Freiverantwortlichkeit der Suizid-Entscheidung sicherzustellen“, sagte er. Er äußerte zudem die Befürchtung, dass eine solche gesetzliche Regelung der Normalisierung des Suizides Vorschub leisten würde. Obwohl Helling-Plahr und Künast anders als die Gruppe um Castellucci keine Regelung im Strafrecht planen, sieht Reinhardt zudem auch strafrechtliche Risiken für Ärztinnen und Ärzte, sollte dieses Gesetz eine Mehrheit erhalten.