Frankfurt a.M. (epd). Der AfD-Wahlsieg im thüringischen Sonneberg könnte der Publizistin Liane Bednarz zufolge den Weg für weitere Wahlgewinne der Partei bahnen. „Die Wähler sehen nun, dass Stimmen für die AfD keine verlorenen Stimmen sind“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag.
Der Wahlsieg bei der Landratswahl sei auch ein Signal an Wähler, die mit der Partei sympathisierten, sie aber bislang nicht gewählt hätten, dass die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall für Rechtsextremismus eingestufte AfD eine reale Machtoption habe und zugleich noch salonfähiger geworden sei. Dies gelte zumindest für Kommunalparlamente im Osten Deutschlands.
Die Journalistin sagte, es gehöre zur Strategie der Partei, sich auf kommunaler Ebene in den Regierungen zu etablieren. Dies sei auch folgerichtig. Denn wenn ein AfD-Politiker wie Robert Sesselmann in Sonneberg beim Ausbau von Straßen und Kita-Plätzen erfolgreich sei, könne er diese Erfolge mit radikalen Aussagen etwa zur Flüchtlingspolitik paaren.
Sesselmann hatte in der Stichwahl am Sonntag 52,8 Prozent der Stimmen erhalten, sein Gegenkandidat Jürgen Köpper von der CDU unterlag mit 47,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 59,6 Prozent rund zehn Prozentpunkte höher als noch in der ersten Wahlrunde am 11. Juni. Ein Zeichen dafür, dass die AfD Wähler mobilisiert habe, die anderen Parteien, die alle den CDU-Kandidaten unterstützt hätten, jedoch viel zu wenig, sagte Bednarz.
Nach ihrer Einschätzung ist der Wahlsieg auch Ergebnis der Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger durch die Diskussion um das Heizungsgesetz der Bundesregierung. „Die Ampel-Koalition muss realisieren, dass sie nicht Politik an den Sorgen der Menschen vorbei machen kann“, sagte Bednarz.
Die Menschen hätten gerade eine „Kaskade von Krisen“ erlebt - mit der Kurzarbeit in der Corona-Krise, den steigenden Energiepreisen durch den Ukraine-Krieg und der steigenden Inflation. Dass die Leute durch die Diskussion um das Heizungsgesetz verunsichert seien und sich ärgerten, sei nachvollziehbar. Normalerweise sei eine solche Diskussion aber auch eine Steilvorlage für die Opposition durch etablierte Parteien, aktuell der CDU.
Doch die CDU profiliere sich derzeit bei den großen bundespolitischen Themen nicht durch eigene Konzepte, sondern verheddere sich in Machtkämpfen. Zudem zahle der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz mit einer immer wieder auftauchenden AfD-Light-Rhetorik auch auf das Konto der AfD ein. Sie nenne das „Krawallkonservatismus“.
Insgesamt gelte für Politiker, aber auch für die Kirchen, dass die bloße Aufregung über die AfD und Hinweise auf die Einstufung durch den Verfassungsschutz nicht mehr bei den Menschen, die ihr gewogen sind, verfange. Die Kirchen etwa müssten den Menschen Halt im Glauben bieten und ihnen in ihren Sorgen und Nöten beistehen. „Reine Empörung funktioniert nicht mehr“, sagte die Publizistin.