Nairobi, Khartum (epd). Mehr als zwei Monate nach Beginn des jüngsten Konflikts im Sudan wächst die Furcht vor einer weiteren Zunahme der Gewalt in der Krisenregion Darfur. Laut Menschenrechtsexperten wurden in der Stadt Al Geneina sechs Schulen zerstört. Auf Satellitenbildern seien Leichen auf den Straßen der Stadt zu sehen, erklärte die Menschenrechtsforschungsgruppe der US-amerikanischen Yale-Universität am Donnerstag (Ortszeit). Derweil kritisierten Hilfsorganisationen Einschränkungen bei der Versorgung der Zivilbevölkerung.
Dem Bericht der Yale-Forscher zufolge sind mindestens 0,7 Quadratkilometer Al Geneinas zerstört oder beschädigt. Das entspreche einer Größe von 98 Fußballfeldern. Für die Zerstörung der Schulen seien aller Wahrscheinlichkeit nach die Truppen der paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF) verantwortlich, die seit Mitte April gegen die sudanesische Armee kämpfen.
Hilfsorganisationen äußerten sich besorgt. Die zerstörten Schulen seien nicht nur Bildungseinrichtungen gewesen, sondern auch Unterkunft für Menschen auf der Flucht vor Gewalt, schrieb der Sudan-Landesdirektor des Norwegischen Flüchtlingsrates, William Carter, auf Twitter. Die Gesellschaft für bedrohte Völker warnte derweil vor weiteren Gräueltaten. RSF-Einheiten kreisten die Stadt Al Faschir ein, erklärte die Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Göttingen. Wichtige Straßen, die aus der Stadt herausführten, seien blockiert.
Nach Angaben von „Ärzte ohne Grenzen“ behindern die Konfliktparteien auch die Arbeit medizinischer Hilfsorganisationen. So gebe es administrative und bürokratische Beschränkungen. Zudem seien Hilfsgüter der Organisationen beschlagnahmt und Mitarbeitende verprügelt worden. „Menschen sterben, während das Gesundheitssystem des Landes unter der Last des überwältigenden Bedarfs zusammenbricht“, warnte der Sudan-Notfallkoordinator Jean Nicolas Armstrong Dangelser.
Im Sudan ist vor mehr als zwei Monaten ein Machtkampf zwischen der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz eskaliert. Seitdem werden Kämpfe aus vielen Teilen des Landes gemeldet. Diplomatische Bemühungen für eine Lösung des Konflikts waren bisher erfolglos. Vereinbarte Waffenruhen wurden immer wieder gebrochen.
Die Darfur-Region im Westen des Sudan ist seit Jahrzehnten von Gewalt geprägt. Hintergrund sind unter anderem Konflikte zwischen arabischen, oft nomadischen Viehhirten und sesshaften Bauern. Um Proteste der nicht-arabischen Bevölkerung und ein Aufbegehren von Rebellengruppen niederzuschlagen, verbündete sich der frühere Staatschef Omar al-Baschir mit den arabischen Dschanschawid-Milizen. Deren Kämpfer werden für den Tod Hunderttausender Menschen verantwortlich gemacht. Der Internationale Strafgerichtshof ermittelt wegen Völkermord, unter anderem gegen al-Baschir.
Die Milizen wurden später formalisiert und in die paramilitärischen RSF-Einheiten umgewandelt. Berichte über die mutmaßlich von den RSF verübten Attacken schüren die Angst vor erneuter ethnisch motivierter Gewalt in Darfur. Der Gouverneur der Region, Suliman Minnawi, hatte den Internationalen Strafgerichtshof aufgefordert, seine Untersuchungen über vergangene Gräueltaten in der Region auf die aktuellen Kämpfe auszuweiten.