Frankfurt a.M., Guatemala-Stadt (epd). In Guatemala sind für Sonntag 9,3 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Der Urnengang hat für heftige Kritik gesorgt, weil drei oppositionellen Kandidaten nicht zugelassen wurden. Zudem wird dem amtierenden Staatschef Alejandro Giammattei vorgeworfen, repressiv gegen kritische Journalisten und Juristen vorzugehen. Neben dem Präsidenten werden auch ein neues Parlament, neue Bürgermeister sowie die Abgeordneten des Zentralamerikanischen Parlaments gewählt.
Als Favoriten für das höchste Staatsamt gelten drei Anwärterinnen und Anwärter: der Ex-Diplomat Edmont Mulet, der für die Mitte-rechts-Partei Cabal antritt, Sandra Torres, die für die sozialdemokratische Partei UNE um die Präsidentschaft kämpft sowie die Rechte Zury Ríos, die Tochter des verstorbenen Diktators Efraín Ríos Montt. Da es unwahrscheinlich ist, dass einer der Kandidierenden eine Mehrheit von 50 Prozent erhält, wird es im August eine Stichwahl geben. Giammattei darf kein zweites Mal antreten.
Für alle drei Favoriten spielte die Sicherheitspolitik im Wahlkampfs eine wichtige Rolle. Alle orientieren sich dabei am Präsidenten El Salvadors, Nayib Bukele. Der Staatschef des Nachbarlands hat mithilfe von menschenrechtlich umstrittenen Maßnahmen wie einem dauerhaften Ausnahmezustand und Massenverhaftungen die Gewalt eingedämmt und gewann damit großen Rückhalt in der Bevölkerung. Auch Guatemala leidet unter der massiven Bandenkriminalität. 2022 wurden mehr als 3.000 Menschen ermordet.
Zu den Politikern, die nicht antreten durften, zählen Carlos Pineda, der Giammattei der Korruption beschuldigt hatte, sowie die Indigene Thelma Cabrera. Mit ihr verliert die indigene Bevölkerung, die 45 Prozent der guatemaltekischen Bevölkerung stellt, ihre aussichtsreichste Kandidatin. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben das Vorgehen scharf kritisiert. „Von demokratischen Wahlen kann in Guatemala keine Rede sein“, sagte die Mittelamerika-Referentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Inés Klissenbauer.
Fast 60 Prozent der 17 Millionen Guatemalteken sind arm. Viele wandern in die USA aus, um das Überleben ihrer Familien zu sichern. Etwa 18 Milliarden US-Dollar haben sie 2022 in ihre Heimat überwiesen. Zugleich ziehen zahlreiche Migranten durch das mittelamerikanische Land, um in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Guatemala ist deshalb für Washington ein wichtiger Kooperationspartner in der Eindämmung der Migration geworden.