Nürnberg (epd). Vertreter von Bundeswehr, Bundesregierung und Kirche haben am Freitag beim Kirchentag in Nürnberg kontrovers über die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine debattiert. Der Staatssekretär im für Rüstungsexporte zuständigen Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold (Grüne), sagte, dies nicht zu tun hieße, anderen die Sicherung der nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten Friedensordnung zu überlassen. „Wir als Christinnen und Christen sind verpflichtet, auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit hinzuwirken“, sagte Giegold, der auch Mitglied im Kirchentagspräsidium ist. Im konkreten Fall sei es aber richtig, die Opfer zu unterstützen.
Giegold erhielt in der voll besetzten Messehalle mit 5.000 Plätzen vom Kirchentagspublikum deutlich größeren Applaus als der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, der seine Ablehnung der Waffenlieferungen erneuerte. Der mitteldeutsche Bischof begründete dies mit dem Aufruf Jesu zu Gewaltlosigkeit, aber auch mit der deutschen Geschichte. Die Ukraine verteidige sich „völlig zu Recht“, Deutschland habe aber auf Grund seiner Geschichte auch eine „Blutschuld“ gegenüber Russland. Kramer erhielt nur vereinzelt Applaus vom Kirchentagspublikum, das früher eng mit der Friedensbewegung verbunden war.
Kramers Position ist auch innerhalb der evangelischen Kirche umstritten. Die badische Bischöfin Heike Springhart erinnerte auf dem Podium daran, dass auch der Zweite Weltkrieg durch militärische Hilfe beendet wurde. Er „wäre nicht am Verhandlungstisch zu Ende gegangen“, sagte Springhart.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, sagte, wenn die westlichen Staaten nicht mit Waffenlieferungen unterstützt hätten, „wäre der Krieg vermutlich zu Ende“. Die Ukraine gäbe es dann aber nicht mehr und die Menschen wären unter dem Joch Russlands. „Der Krieg wäre vorbei, das Leiden für die Menschen ginge weiter“, sagte Breuer, der ebenfalls die Waffenlieferungen verteidigte.