Nürnberg (epd). Der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser erhofft sich angesichts der neuen globalen Polarität zwischen den USA und China ein neues deutsches Wirtschaftswunder wie in den 50er und 60er Jahren. „Wir können das - durch Innovation und mit einer sozialökologischen Marktwirtschaft“, sagte Kaeser am Freitag auf dem „Roten Sofa“ der Kirchenpresse beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Der Manager ist derzeit Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens Energy und Daimler Truck.
„Die große Herausforderung Amerikas in den kommenden 30er Jahren wird das südchinesische Meer sein“, betonte Kaeser. In dieser Lage sei das vornehmliche Interesse der USA nicht, dass Europa mitkomme, wenn es sich nicht richtig organisiere: „Da darf man nicht naiv sein.“ Daher sei es jetzt wichtig, dass die EU ein funktionsfähiges Europa baue, um China und den USA selbstbewusst gegenübertreten zu können.
Kaeser wandte sich dagegen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China davon abhängig zu machen, ob es demokratische Werte achte. „Das ist illusorisch. Die 1,4 Milliarden Menschen dort werden sich nicht umstellen.“ Hinzukomme: „Die Demokratien unserer Prägung sind in der Minderheit, und es werden jedes Jahr weniger Menschen.“ Deutschland und Europa dürften sich davon jedoch nicht entmutigen lassen, sondern müssten ihr Schicksal beherzt in die Hand nehmen.