Lingen (epd). Das niedersächsische Lingen entwickelt sich aus Sicht von Umweltgruppen und Bürgerinitiativen immer mehr zum Drehkreuz lukrativer Atomgeschäfte mit Russland. Ende Mai sei aus Russland erneut Uran an die in Lingen ansässige Brennelementefabrik geliefert worden, kritisierten mehrere Initiativen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen am Dienstag. Auch sei erneut eine behördliche Ausfuhrgenehmigung für AKW-Brennstäbe aus Lingen an das mit Russland verbündete Kasachstan erteilt worden.
Die Initiativen wiesen zudem darauf hin, dass der Betreiber der Fabrik die Einfuhr von weiterem Uran aus Russland beantragt habe. Dies sei kürzlich vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung bestätigt worden. Ein weiterer Antrag zur umfangreichen Kooperation zwischen dem Betreiber der Brennelementefabrik und dem russischen Atomkonzern Rosatom liege derzeit zur Bearbeitung im niedersächsischen Umweltministerium.
Die Brennelementefabrik wird von der Firma Advanced Nuclear Fuels betrieben, das Unternehmen gehört dem französischen Konzern Framatome. Dieser hatte kürzlich die Gründung eines Joint Venture mit einer Rosatom-Tochter angekündigt. Die nicht ausgelastete Fabrik will künftig auch Brennstäbe für Reaktoren russischer Bauart fertigen, die vor allem in Osteuropa laufen. Die Brennelementefabrik in Lingen und die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau sind vom deutschen Atomausstieg ausgenommen und verfügen über unbefristete Betriebsgenehmigungen.
Ungeachtet der Atom-Sanktionen anderer Staaten gegen Russland und von Bekundungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die Atomgeschäfte mit Russland unter Strafe zu stellen, gebe es in Lingen „flächendeckend grünes Licht für die Zusammenarbeit mit dem Kreml“, sagte Alexander Vent vom Bündnis Atomkraftgegner im Emsland. Die Vorsitzen des Elternvereins Restrisiko Emsland, Femke Gödeker, betonte: „Anstatt alles zu tun, um den Krieg zu beenden, spülen wir immer mehr Geld in Putins Kriegskasse und unterstützen die nukleare Geopolitik des Kreml. Dies ist kaum fassbar und schwer zu ertragen für all die Menschen, die sich für einen baldigen Frieden in der Ukraine einsetzen.“
Die Initiativen forderten die Bundesregierung auf, die atomare Zusammenarbeit mit Russland umgehend zu beenden, die Anträge auf weitere Zusammenarbeit mit dem Kreml-Konzern Rosatom abzulehnen und eigenständig dauerhafte Sanktionen gegen den Uran-Handel mit Russland zu verhängen.