Verbände: Keine Kompromisse beim Asylrecht von Kindern

Verbände: Keine Kompromisse beim Asylrecht von Kindern
Migrationsforscher warnt vor mehr Gewalt an EU-Außengrenzen
Vor dem EU-Innenminstertreffen warnen Verbände vor einer Verschärfung des europäischen Asylrechts. Vor allem Kinder müssten von den Grenzverfahren ausgenommen werden, fordert ein Bündnis aus 46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen.

Berlin, Brüssel (epd). Vor dem EU-Innenministertreffen zur Reform des EU-Asylrechts hat ein zivilgesellschaftliches Bündnis an die Bundesregierung appelliert, keine Kompromisse beim Schutz von geflüchteten Kindern zu machen. „Deutschland muss konsequent gegen die Einführung von Grenzverfahren in Haftlagern, die Ausweitung sicherer Drittstaaten und die Absenkung von Verfahrensgarantien für geflüchtete Kinder und Jugendliche stimmen“, forderte das Bündnis aus 46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen am Dienstag in Berlin. Derweil warnte der Migrationsexperte Maximilian Pichl vor einer Zunahme der Gewalt gegen Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen.

Die EU-Innenminister beraten diese Woche über eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Die Reformpläne verstoßen nach Ansicht des Bündnisses gegen die UN-Kinderrechtskonvention und begünstigen weitere Kinderrechtsverletzungen. Den Appell haben unter anderem Amnesty International Deutschland, die Diakonie und „Brot für die Welt“, terre des hommes, das Kinderhilfswerk, der Lesben- und Schwulenverband sowie Pro Asyl unterzeichnet haben.

Nach den bisher bekannten Plänen seien auch geflüchtete Kinder und Jugendliche von Inhaftierung oder haftähnlicher Unterbringung an den europäischen Außengrenzen betroffen. Dies verstoße gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht auf Schutz vor Folter und Freiheitsentzug, erklärten die Organisationen.

Auch der Kinderschutzbund positionierte sich gegen Asyl-Prüfungen bei Minderjährigen an EU-Grenzen. „Kinder, Jugendliche und ihre Familien sind besonders schutzbedürftig. Darauf legt unser Grundgesetz besonderen Wert“, sagte Bundesgeschäftsführer Daniel Grein der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Dienstag).

Bei dem EU-Innenministertreffen in Luxemburg soll unter anderem über Verschärfungen bei den Verfahren an den EU-Außengrenzen für Migranten beraten werden. Die EU-Kommission hatte 2020 einen Vorschlag für eine Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) vorgelegt. Im April erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Deutschland werde sich dafür einsetzen, Asylverfahren bereits an der Außengrenze durchzuführen. Die Bundesregierung kündigte derweil an, sich dafür einzusetzen, Kinder und Jugendliche sowie Familien mit Kindern von den Grenzverfahren an EU-Außengrenzen auszunehmen, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Sonntag mitteilte.

Der Migrationsexperte Maximilian Pichl warnte indessen vor einer Zunahme der Gewalt gegen Schutzsuchende. „Wenn der EU-Migrationspakt kommt, werden die Staaten an der Außengrenze noch schärfer versuchen, mit allen Mitteln zu verhindern, dass Menschen hier ankommen“, sagte der Rechts- und Politikwissenschaftler an der Universität Kassel dem Evangelischen Pressedienst (epd). So werde es wahrscheinlich „noch härtere Pushbacks“, also illegale Rückführungen an der Grenze geben.

Bei dem von Faeser genannten Vorhaben handele es sich um sogenannte Grenzverfahren, sagte Pichl. Diese seien dem eigentlichen Asylverfahren vorgelagert. Es finde keine inhaltliche Prüfung des Rechts auf Asyl statt. Stattdessen werde lediglich formal geprüft, ob Schutzsuchende direkt wieder abgeschoben werden könnten, sagte Pichl. Praktisch käme es bei den Grenzverfahren zu einer vorübergehenden Inhaftierung einer Vielzahl von Schutzsuchenden in den Staaten mit EU-Außengrenze, etwa Italien und Griechenland.