Kritiker sehen darin selbst einen Akt von Religionshass und fordern die Rücknahme des Entwurfs, wie die Tageszeitung "Kommersant" berichtete. Die russisch-orthodoxe Kirche zeigt sich dagegen zufrieden mit der Initiative.
Beiratsmitglied Nikolai Swanidse bemängelt, das Gesetz schütze nur die historischen Hauptreligionen in Russland: "Es gibt bei uns auch Heiden, die Perun anbeten, deren Gefühle will keiner verteidigen", sagte er mit Blick auf die slawische Mythologie. Das Gesetz führe zu Religionshass zwischen den einzelnen Konfessionen. Es würde die Gesellschaft spalten - "in Menschen der ersten Sorte (Juden, orthodoxe Christen, Muslime und Buddhisten) und in Menschen der zweiten Sorte (Ungläubige, nichtorthodoxe Christen, Vertreter anderer Konfessionen)".
Ludmila Alexejewa, Leiterin der Moskauer Helsinki-Gruppe zur Einhaltung der Menschenrechte, hält das Gesetz für unausgegoren. Für Orthodoxe sei es schon eine Beleidigung, wenn jemand an einer Kirche vorbeigeht und sich nicht bekreuzigt. Danach könnten fast alle strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, "die im Moskauer Zentrum, wo es viele Kirchen gibt, auf der Straße herumlaufen", gibt die Menschenrechts-Expertin zu bedenken.
Wsewolod Tschaplin, im Moskauer Patriarchat zuständig für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft, argumentiert hingegen: "Die Beleidigung religiöser Gefühle kann zum Bürgerkrieg führen." Angriffe auf religiöse Symbole seien "genauso gefährlich wie Rassenhetze". Er unterstützt den Gesetzentwurf. Der Beirat empfiehlt dagegen dessen Rücknahme und die Ausarbeitung eines "Gesellschaftsvertrages zwischen dem Staat, Gläubigen aller Konfessionen und Nichtgläubigen".
Der Gesetzentwurf, der in erster Lesung bereits die Staatsduma passiert hat, ist eine Reaktion auf den Auftritt der Frauen-Punkband "Pussy Riot" in der Moskauer Erlöserkathedrale. Danach soll in Russland die Beleidigung religiöser Gefühle und die Schändung religiöser Stätten künftig als Straftat gelten. Für die Schändung religiöser Gegenstände und Einrichtungen drohen Geldstrafen von umgerechnet bis zu 12.400 Euro und bis zu fünf Jahre Haft. Die Beleidigung religiöser Gefühle soll mit bis zu 7.450 Euro Geldstrafe und bis zu drei Jahre Haft geahndet werden.