Nairobi (epd). In der Region West-Tigray sind laut einem Bericht der Menschenrechtsorganistation Human Rights Watch auch nach dem Waffenstillstandsabkommen im November weiter Menschen gefoltert, willkürlich verhaftet und vertrieben worden. Lokale Behörden und Amhara-Milizen hätten gemeinsam all jene drangsaliert, die zur ethnischen Gruppe der Tigray gehören, teilte Human Rights Watch (HRW) am Donnerstag in Nairobi mit.
Seit Beginn des Kriegs zwischen der äthiopischen Armee und der Befreiungsfront von Tigray (TPLF) hatten Menschenrechtsorganisationen immer wieder über Hinweise auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit berichtet. Schon lange gibt es Streit darüber, wer West-Tigray regieren soll. Seit Beginn des Kriegs wird die Region von amharischen Beamten verwaltet.
Das Waffenstillstandsabkommen vom 2. November 2022 habe die „ethnischen Säuberungen“ in West-Tigray nicht beendet, erklärte Laetitia Bader, Direktorin für das Horn von Afrika. „Wenn es der äthiopischen Regierung wirklich ernst damit ist, für Gerechtigkeit zu sorgen, dann muss sie aufhören, sich unabhängigen Untersuchungen der Gräueltaten in West-Tigray zu widersetzen und verantwortliche Beamte und Offiziere zur Rechenschaft ziehen.“
Grundlage für den Bericht sind Telefoninterviews mit 35 Menschen in Tigray, darunter Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Betroffene. Sie berichten, unter anderem in der Stadt Humera im November, Dezember und Januar gemeinsam mit mehr als Tausend Tigrayern eingesperrt gewesen zu sein, bevor sie aus der Region deportiert wurden. Laut den Zeugenberichten sind mehrere Menschen in der Haft gestorben, weil es weder ausreichend Nahrung noch medizinische Versorgung gab.
Die Menschenrechtsorganisation ruft die Regierung dazu auf, die anhaltenden Menschenrechtsverstöße in West-Tigray aufzuklären. Außerdem müsse dafür gesorgt werden, dass die Binnenvertrieben und die in den Sudan Geflüchteten ihr Recht auf sichere Rückkehr wahrnehmen können und keine weiteren Menschen vertrieben werden.