Kinder weltweit: Wenig Rechte, viel Leid

Kin Chert aus Kambodscha
epd-bild/Iris Manner
Kin Chert arbeitet in der Lehmziegelproduktion in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Wie er müssen in dem asiatischen Land Hunderttausende Jungen und Mädchen arbeiten.
Tag der Kinderrechte
Kinder weltweit: Wenig Rechte, viel Leid
Am internationalen Tag der Kinderrechte ist ein Blick auf die aktuelle Situation von Kindern ernüchternd: Armut, harte Arbeit, Gewalt und Bildungsdefizite prägen das Leben der Kinder vor allem in den vielen Kriegsgebieten und in den Entwicklungsländern. Doch auch die Situation in Deutschland ist nicht optimal. evangelisch.de-Redakteurin Alexandra Barone hat die aktuelle Situation von Kindern weltweit zusammengefasst.

Die international anerkannten Rechte von Kindern sind einer Umfrage zufolge unter den Betroffenen in Deutschland nur wenig bekannt. Nur ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen habe angegeben, sich bei den Kinderrechten "ganz gut" auszukennen und auch einzelne nennen zu können, heißt es in einer vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlichten Umfrage. Zwei Drittel kannten Kinderrechte nur vom Namen her und neun Prozent hätten vom Thema Kinderrechte noch nichts gehört oder gelesen.

Für den Bundesgeschäftsführer des Kinderhilfswerkes, Holger Hofmann, sind die Fortschritte bei der Bekanntheit der Kinderrechte in Deutschland nicht zufriedenstellend: "Nur wer seine Rechte kennt, kann für diese einstehen." Kinderrechte gehörten in schulische Lehrpläne und Bildungspläne von Kitas. Wichtig sei, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte auf die Lebenswelt der Betroffenen zu beziehen.

Bei der Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland kommt es vor allem auf die Orte an, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen. Denn wie die Kinderrechte im Alltag konkret verwirklicht werden könne, sei von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, so das Deutsche Kinderhilfswerk, das den Kinderrechte-Index entwickelt hat. Dort werden Fragen rund um das Bildungssystem, politische Beteiligungsmöglichkeiten. Zugang zu Spielräumen und der Gesundheitsversorgung länderspezifisch untersucht.

Als einer der Gründe für die Unterschiede in den Bundesländern sehen viele Kritiker die fehlende Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Ein Grund, der sich in Zukunft bald ändern könnte, denn laut einer Umfrage der Kindernothilfe wünschen sich über 82 Prozent der Deutschen die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz. Die Rechte von Kindern seien in Deutschland nicht ausreichend geschützt, meinen 40 Prozent. Gewalt ist nach Auffassung von 80 Prozent der Befragten die größte Bedrohung für Mädchen und Jungen. Danach kommen Belastungen durch Flucht und Migration.

Unicef: "Für Kinder im Libanon ist Gewalt gleichbedeutend mit einer stillen Normalisierung des Schreckens"

Die Beachtung der Kinderrechte, aber auch Geborgenheit, Selbstentfaltung und Liebe seien grundlegende Ansprüche, die jedes Kind habe. "Es ist unsere Verantwortung als Erwachsene, sicherzustellen, dass Kinder ihre Rechte kennen und sich für ihre Belange starkmachen können", erklärte Monika Chilla von der Stabsstelle Kinderschutz und Kinderrechte der Stadtmission in Nürnberg, die sich an der weltweiten UNICEF-Aktion #TurnTheWorldBlue beteiligt. Mit der Aktion will das Hilfswerk vor allem auf die Situation von Kindern in Kriegsgebieten und Entwicklungsländern aufmerksam machen. 

Für die Kinder im Libanon sei die Gewalt gleichbedeutend mit einer "stillen Normalisierung des Schreckens", sagt der Sprecher des Hilfswerks Unicef, James Elder. In den vergangenen zwei Monaten seien im Libanon im Durchschnitt jeden Tag mehr als drei Kinder getötet worden. Viele mehr seien verletzt und traumatisiert worden. Zudem seien Hunderttausende Kinder auf der Flucht vor der Gewalt. Durch Beschuss seien viele Krankenhäuser und andere Einrichtungen zerstört worden, auf die Kinder angewiesen seien, heißt es weiter.

Save the Children: "Von den rund 140.000 vertriebenen Kinder im Libanon haben viele Anzeichen von Traumata"

Bereits Ende September berichtete das Kinderhilfswerk, dass durch die israelischen Luftangriffe rund 140.000 Kinder im Südlibanon vertrieben worden sein. Viele kommen in Notunterkünften an und weisen Anzeichen schwerer Traumata auf. "Die Kinder sagen uns, dass sie das Gefühl haben, überall lauere Gefahr, und dass sie sich nirgendwo sicher fühlen können. Jedes laute Geräusch lässt sie zusammenzucken", berichtet Jennifer Moorehead, Länderdirektorin von Save the Children im Libanon. "Wir fordern alle Seiten auf, die Spannungen sofort abzubauen, und appellieren an die internationalen Akteure, Druck auf alle Beteiligten auszuüben, damit sie das humanitäre Völkerrecht einhalten."

Pfarrer Gräbe: "Als Christen wollen wir den Menschen im Land durch unsere Präsenz Mut machen."

Als "abgrundtief bedrückend" bezeichnet der Nahostreferent der Evangelischen Mission in Solidarität, Pfarrer Uwe Gräbe, die Situation im Libanon. Dort habe Israel in den vergangenen Tagen seine Angriffe gegen die Hissbollah-Miliz verstärkt, sagte Gräbe, der auch Geschäftsführer des evangelischen Vereins für die Schneller-Schulen ist. Besorgt zeigt sich der Theologe, dass es in den letzten Tagen nahe der Internatsschule, in der rund 300 Kinder unterschiedlicher Konfessionen unter dem Motto "Erziehung zum Frieden" unterrichtet werden, erhebliche israelische Bombardements gegeben habe.

Die zweijährige Tetiana (Nmáme von der Redaktion geändert) wurde einen Monat nach Kriegsbeginn in der Ukraine geboren.

Nicht viel besser sieht es in der Ukraine aus, wo mehr als eine halbe Million Kinder zur Welt gekommen seien, seit vor 1.000 Tagen der Krieg begann, berichtet Save the Children. "Viele dieser Babys und Kleinkinder kennen nichts anderes als ein Leben inmitten von Gewalt, emotionalem Stress und humanitärer Not", sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children, der sich aktuell unweit der Frontlinie im Osten der Ukraine aufhält. "Der Tag der Kinderrechte sollte für uns alle eine Erinnerung daran sein, dass jedes Kind ein Recht auf Schutz, Gesundheit, Nahrung und Bildung hat – auch in Konfliktgebieten."

Handicap International: "Über 37 Prozent der Landminenopfer sind Kinder"

Eine entmutigende Nachricht kommt auch von Handicap International, die im kürzlich erschienen Landminen-Monitor berichten, dass mindestens 5.757 Menschen Opfer der geächteten Sprengkörper geworden seien: 84 Prozent der registrierten Opfer waren Zivilisten, 37 Prozent der Opfer waren Kinder. Die Zunahme sei hauptsächlich auf die steigende Zahl bewaffneter Konflikte und den zunehmenden Einsatz selbstgebauter Minen zurückzuführen, so die Organisation. Opfer von Landminen-Explosionen habe es 2023 in 55 Ländern gegeben, die meisten Betroffenen gab es dem Monitor zufolge in Myanmar (1.003 Betroffene), Syrien (933), Afghanistan (651) und in der Ukraine (580). Neue Antipersonen-Minen eingesetzt hätten zwischen Mitte 2023 und Oktober 2024 die Staaten Myanmar, Iran, Nordkorea und Russland.

Der Schulbau auf den Philippinen wurde dank des KinderZukunftsFonds finanziert. Die KD-Bank hat ihn initiiert und mit der Kindernothilfe und weiteren Partnern vor drei Jahren aufgelegt.

Ein Hoffnungsschimmer kommt aus den Philippinen, wo die Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) und die Kindernothilfe den gemeinsam initiierten KinderZukunftsFonds stetig weiterentwickeln, damit Kinder und Jugendliche besser geschützt und gefördert werden. So hat ihr Recht auf Bildung dem elfjährigen Isko und dem achtjährigen Teniel aus einer kleinen Siedlung im Hinterland des philippinischen Orts Marabut lange Zeit große Opfer abverlangt: Weil der Schulweg zu Fuß viel zu weit war und sie sich eine Anfahrt per Motorrad nicht leisten konnten, wohnten sie unter der Woche in einer winzigen Hütte in Marabut und gingen dort zur Schule – ganz auf sich allein gestellt mit ihren täglichen Sorgen und Nöten, weit weg ihrer Familie. Diese Situation änderte sich erst, als mit Mitteln aus Deutschland eine Schule im Heimatdorf der beiden Jungen gebaut wurde.

Der Internationale Tag der Kinderrechte erinnert an den 20. November 1989. An diesem Tag wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, heißt es in der Mitteilung. Seitdem treten jedes Jahr am 20. November Kinder und Jugendliche zusammen mit UNICEF für die Rechte und Anliegen ihrer Generation ein.