Zwar seien etwa die Anerkennung der evangelischen Kirche als vollwertige Kirche und die Feier eines gemeinsamen Abendmahls "eine absolut fantastische Vision ohne jede Realisierungschance in der unmittelbaren Gegenwart", sagte der Berliner Theologieprofessor in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gelegentlich fielen aber "Mauern in Situationen, in denen sich fast alle mit deren Existenz abgefunden haben".
Der Theologe würdigte zugleich die Erfolge des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren. Das Konzil, das am 11. Oktober 1962 begonnen hatte, habe die Stellung der Bischöfe gegenüber dem Papst gestärkt und die Bedeutung der Landessprachen in der katholischen Liturgie erheblich ausgeweitet, sagte Markschies. Die institutionelle Struktur der Kirche "ist nicht mehr dieselbe wie vor 1962". Zugleich hätte es die Ökumene heute ohne das Zweite Vatikanische Konzil viel schwerer als sie es gegenwärtig ohnehin schon hat, fügte der Kirchenhistoriker hinzu.
Rückschritte in der katholischen Kirche
Bis heute sei "eine ganze Menge" von den Aufbrüchen des Konzils in der katholischen Kirche geblieben, räumte Markschies ein. "Im Alltag der Kirche und in der wissenschaftlichen Theologie findet man viele Spuren dieses Aufbruchs." Unter anderem werde der bei dem Konzil angestoßene jüdisch-christliche Dialog "mindestens von einigen römisch-katholischen Beteiligten weitergeführt".
Allerdings sieht Markschies innerhalb der katholischen Kirche auch Rückschritte: Nach einer radikalen Reform werde immer wieder die Rückbesinnung auf Dinge gefordert, die die Reform abgeschafft hat. "Vielleicht muss man etwas nüchterner akzeptieren, dass sich die Geschichte in Wellenbewegungen vollzieht", sagte er. Es sei an manchen Stellen durchaus offen, ob die grundsätzlichen Weichenstellungen beibehalten oder verworfen werden.