Solingen (epd). Zum 30. Jahrestag des rechtsextremistischen Brandanschlags von Solingen haben am Sonntag die Gedenkveranstaltungen in der Stadt begonnen. Nahe dem Rathaus wurde der Mercimek-Platz in Mevlüde-Genç-Platz umbenannt. Er erinnert künftig an die Frau, die bei dem Anschlag auf das Haus ihrer Familie am 29. Mai 1993 zwei Töchter, eine Nichte und zwei Enkelinnen verlor. Trotz des Unglücks setzte sie sich für Versöhnung und Verständigung in der Gesellschaft ein. Für ihr Engagement wurde die im vergangenen Oktober gestorbene Friedensbotschafterin mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden des Landes NRW ausgezeichnet.
„Mevlüde Genç stand zu ihren Lebzeiten für Respekt, Frieden und Freundschaft“, sagte Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). „Obwohl sie in Solingen so viel Leid erfahren hat, hat sich Mevlüde Genç entschieden, ihre zweite Heimat Solingen nicht zu verlassen.“ Mit der Umbenennung des Platzes würden ihre Verdienste als Friedensbotschafterin geehrt. Sie habe „durch ihren Mut und ihre Standhaftigkeit gezeigt, dass Hass und Gewalt niemals siegen dürfen“.
Vertreter der Familie Genç erinnerten daran, dass Mevlüde Genç bereits unmittelbar nach dem Anschlag, bei dem fünf Angehörige getötet und weitere schwer verletzt wurden, zur Versöhnung aufrief und sagte: „Lasst uns Freunde sein!“ Diese Haltung habe „damals den Samen dafür gepflanzt, dass aus ihrem großen Leid Hoffnung für ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen wachsen kann“, betonte die Enkelin Özlem Genç in ihrer Rede. Zugleich dürfe aber die Tat von Solingen nicht vergessen werden: „Es darf nicht in Vergessenheit geraten, was unserer Familie und all den Opfern rechter Gewalt angetan wurde.“
Auf die Umbenennung des Platzes sollte am Sonntagabend ein Schweigemarsch zur Unteren Wernerstraße, wo sich das Haus der Familie Genç befunden hatte. Dort sollte eine Stele zur Erinnerung an die Opfer enthüllt werden. Bei einem Gebet wollen der Imam der örtlichen Ditib-Gemeinde, Ali-Riza Yilmaz, und die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Solingen, die evangelische Superintendent in Ilka Werner, sprechen.
Am Pfingstmontag, dem 30. Jahrestag des Anschlags, wird in einer zentralen Gedenkveranstaltung im Theater- und Konzerthaus der Stadt Solingen an die fremdenfeindliche Tat und ihre Folgen erinnert. Dazu werden unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erwartet.
Zuvor wird im Zentrum für verfolgte Künste in Solingen bereits die Ausstellung „Solingen '93. Unutturmayaca??z! Niemals vergessen!“ eröffnet, die vor allem die Opfer und die Angehörigen der Familie Genç in den Fokus rückt. Die Ausstellung wurde auf Initiative von Mevlüde Genç konzipiert und gestaltet.