Osnabrück, Solingen (epd). Der rassistische Brandanschlag von Solingen vor 30 Jahren hat auch die Familie von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) damals tief verunsichert. Seine Eltern, die in den 60er Jahren aus der Türkei eingewandert waren, hätten danach gewollt, dass er sich öffentlich zurückhalte, sagte der Bundeslandwirtschaftsminister der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Die Sorge sei groß gewesen, selbst Opfer eines rassistischen Angriffs zu werden. „Mein Vater hat immer geguckt, ob der Feuerlöscher noch funktioniert. Das waren Zustände, die man sich gar nicht vorstellen kann.“
Bei dem Brandanschlag in Nordrhein-Westfalen am 29. Mai 1993 starben fünf Menschen. Zuvor war es bereits in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und Mölln zu rassistischen Übergriffen gekommen. Mittlerweile habe sich die Situation für Menschen mit Migrationshintergrund aber verbessert, betonte Özdemir. „Die Mehrheit der Migrantinnen und Migranten hat ein großes Zutrauen in den Rechtsstaat und weiß, dass die Mehrheit in diesem Land nichts mit Rechtsradikalismus am Hut hat.“
In der Politik machten heute Migranten nicht mehr Migrationspolitik, sondern kümmerten sich um Klimapolitik, um Sozialpolitik oder eben wie er selbst um Ernährung und Landwirtschaft, sagte der Grünen-Politiker. Dafür widmeten sich Politikerinnen und Politiker ohne Migrationsgeschichte den Migrationsthemen. „Das ist genau das, worum es mir immer ging.“
Zugleich forderte Özdemir mehr Bildungs- und Aufstiegschancen für Migrantenkinder. „Das Wichtigste wäre, dass die Gesellschaft durchlässiger wird.“ Es sei leider immer noch so, dass das Schicksal in der Schule durch das Elternhaus vorherbestimmt sei - das gelte nicht nur für Migrantenkinder, sondern auch für Arbeiterkinder ohne Migrationshintergrund.