Frankfurt a.M. (epd). Zum Jahrestag 175 Jahre deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Verpflichtung der Demokraten appelliert, sich für die Freiheit aller Völker einzusetzen. Angesichts des verbrecherischen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine müssten Demokraten den angegriffenen Menschen helfen, sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Donnerstag am historischen Ort in Frankfurt am Main: „Wenn irgendwo Freiheit und Selbstbestimmung bedroht oder angegriffen werden, werden alle freien Menschen und Völker bedroht.“
Die revolutionären Aufstände im März 1848 und die Bildung des ersten deutschen Parlaments seien der Moment gewesen, „als Untertanen zu Bürgern wurden“, hob Steinmeier hervor. Ohne den entschiedenen Bürgermut, ohne die revolutionären Bewegungen an vielen Orten wäre es nicht zur Nationalversammlung gekommen. Die Abgeordneten „waren Wegbereiter von Ideen, die uns heute selbstverständlich sind“. Der damals geweckte Geist der Freiheit habe sich auf lange Sicht nicht mehr unterdrücken lassen.
Der Bundespräsident betonte die Bedeutung der öffentlichen Debatte für den demokratischen Aufbruch. „Diese gesellschaftliche Selbstverständigung, dieses öffentliche und gemeinsame Suchen nach dem richtigen Weg, in Freiheit und in Respekt voreinander, ist eine unverzichtbare Grundlage der Demokratie - ebenso wie der ehrliche Streit und die Fähigkeit zum Kompromiss“, sagte er.
Steinmeier nannte die Paulskirche einen „Schatz nationaler Bedeutung“, der zu einem „lebendigen Erinnerungs- und Lernort für die Demokratie“ werden solle. Die Nationalversammlung dort sei ihrer Zeit voraus gewesen. Die Einigung Deutschlands durch eine bundesstaatliche Verfassung, auf demokratischer Grundlage und mit Grundrechten für das deutsche Volk - vieles aus der in der Paulskirche geschaffenen Verfassung sei in die Weimarer Verfassung und in das Grundgesetz übernommen worden.
Der Festakt in der Paulskirche fand auf den Tag genau 175 Jahre nach dem Tagungsbeginn des ersten gewählten deutschen Parlaments an diesem Ort statt. Die evangelisch-lutherische Gemeinde Frankfurts hatte den größten und modernsten Saal der Stadt der Nationalversammlung „mit Freuden“ zur Verfügung gestellt.