Mexiko-Stadt, Reynosa (epd). Auch nach dem Auslaufen der Regelung „Titel 42“, die bislang schnelle Abschiebungen aus den USA ermöglichte, erfüllt das US-Migrations- und Asylsystem laut „Ärzte ohne Grenzen“ nicht internationale Standards. „Die Würde und die Sicherheit der Menschen müssen im Vordergrund jeder Einwanderungspolitik stehen, und davon sind die USA weit entfernt“, sagte Anayeli Flores im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Flores ist für die Hilfsorganisation in den mexikanischen Grenzstädten Reynosa und Matamoros tätig. Weiterhin sei es für Schutzsuchende sehr schwierig, Zugang zu den US-Asylbehörden zu bekommen, erklärte Flores.
In der Hoffnung, dass eine Einreise in die Vereinigten Staaten durch das Ende von „Titel 42“ einfacher sein würde, sind viele Flüchtlinge und Migranten an die Grenze gereist und stecken nun auf der mexikanischen Seite fest. Das führe zu einer sehr schwierigen humanitären Lage, sagte Flores. „Es gibt nicht genug Herbergen, viele Menschen müssen auf der Straße leben.“ Häufig fehle es an Wasser, die hygienischen Bedingungen seien schlecht, und die Gesundheitsversorgung funktioniere nicht.
Mexikanische Behörden führten zwar punktuell medizinische Untersuchungen durch, aber das Netz habe große Lücken. „Trotz des guten Willens sind die Mittel des mexikanischen Staates begrenzt“, erklärte Flores. Es sei schwierig, Medikamente, Behandlungen und anspruchsvollere Diagnosen zu bekommen.
Besonders die Menschen, die auf der Straße ausharren müssten, seien dem Wetter und klimatischen Herausforderungen wie starken Stürmen ausgesetzt und lebten wegen der Kriminalität gefährlich. „Die Situation ist extrem prekär, und die mexikanischen Behörden verfügen über kein gut strukturiertes Programm, um grundlegende Erfordernisse zu erfüllen und den Menschen Sicherheit zu garantieren“, kritisierte die Vertreterin von „Ärzte ohne Grenzen“.
Ihre Organisation kümmert sich in der Region um eine medizinische Grundversorgung, psychosoziale Betreuung und soziale Aufgaben. Die Regelung „Titel 42“, die unter Ex-US-Präsident Donald Trump eingeführt worden war, lief am Donnerstag vergangener Woche aus. Seitdem können Schutzsuchende mit einer App einen Termin bei den US-Asylbehörden vereinbaren. Doch das funktioniere nur schlecht, erklärte Flores. „Manche haben kein Smartphone oder sind nicht mit der Technologie vertraut, andere haben kein Geld für das Internet. Und ein kostenloses WLAN gibt es nicht.“ Zudem gebe es nicht genügend Termine, um der massiven Nachfrage nachzukommen.