Berlin (epd). Vor einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben die Bundesländer ihre Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung für die Versorgung von Flüchtlingen unterstrichen. Alle 16 Regierungschefinnen und -chefs seien sich einig darüber, dass man ein atmendes System brauche, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) am Mittwoch in Berlin. Gemeint ist ein an der Zahl der Flüchtlinge orientiertes System. Es sei „zwingend notwendig, den Kommunen zu helfen“, sagte Weil. Zugleich räumte er ein, die Finanzfrage sei ein „unübersehbarer Dissens“ mit der Bundesregierung.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erläuterte, die Bundesländer wollten ein System bei der Aufteilung der Kosten in der Flüchtlingspolitik, wie es bis Ende 2021 galt. Damals zahlte der Bund eine Pauschale pro Flüchtling. Die Kommunen forderten zudem zu Recht, dass der Bund wieder komplett die Kosten der Unterkunft tragen müsse. Man brauche „Verlässlichkeit und Planbarkeit“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz.
Die internen Beratungen der Länder dauerten am Mittwoch länger als zunächst geplant, woraufhin das anschließende Treffen mit Scholz nach hinten verschoben werden musste. Die Positionen waren in den vergangenen Tagen verhärtet. Weil zufolge gibt es inzwischen bei der Finanzfrage zumindest für das Jahr 2023 aber auch „Bewegung“. Es gebe zudem eine Reihe von Vorschlägen der Bundesregierung, denen die Länder folgen könnten, sagte Weil. Dabei verwies er unter anderem auf die Haltung der Bundesregierung in der EU-Flüchtlingspolitik, den Willen zu konsequenteren Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber und zur Digitalisierung der Ausländerbehörden.
Seit Monaten streiten Bund und Länder über die Aufteilung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung der gestiegenen Zahl von Flüchtlingen. Der Bund hält den Ländern entgegen, er trage bereits einen hohen Teil der Kosten. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Mittwoch in Berlin, der Bund habe im vergangenen Jahr mit rund 28 Milliarden Euro „massive finanzielle Beiträge im Bereich Flucht und Migration geleistet“. Davon seien mehr als zwölf Milliarden Euro auf die Bekämpfung von Fluchtursachen entfallen.
Den größten Anteil machten Zahlungen des Bundes in Höhe von insgesamt 15 Milliarden Euro aus, die Länder und Kommunen unmittelbar oder mittelbar entlastet hätten. Hierzu zählten rund 4,6 Milliarden Euro, mit denen der Bund die Länder und Kommunen bei den Flüchtlings- und Integrationskosten vor allem über die Umsatzsteuerverteilung unmittelbar unterstützt habe. Drei Milliarden Euro seien für hilfsbedürftige Geflüchtete aus der Ukraine im Bereich der Sozialleistungen seit dem 1. Juni des vergangenen Jahres übernommen worden. Mehr als fünf Milliarden Euro habe der Bund für Leistungen an Personen im Kontext Flucht und Migration, die nicht aus der Ukraine stammten, aufgewendet.
Die Bundesregierung will bei den Treffen mit den Ländern auch über Grundsätzliches in der Flüchtlingspolitik reden, etwa die Digitalisierung von Ausländerbehörden und eine konsequentere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Es gehe auch darum, zu steuern und zu ordnen, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, am Mittwoch in Berlin. Sie äußerte die Hoffnung, dass es beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch ein gemeinsames Ergebnis gibt. Es gebe aber kein Ergebnis um jeden Preis, sagte sie.