Tunesien: Trauer und Entsetzen nach Angriff vor Synagoge

Tunesien: Trauer und Entsetzen nach Angriff vor Synagoge

Tunis (epd). Bei einem Angriff nahe der La Ghriba-Synagoge auf der tunesischen Insel Djerba sind mehrere Menschen getötet worden. Die Tat eines Sicherheitsbeamten inmitten einer gerade zu Ende gehenden Pilgerfahrt löste international Trauer und Entsetzen aus. Die Hintergründe der tödlichen Schüsse vom Dienstagabend waren am Mittwoch weiter unklar.

Der Angreifer war nach Angaben des tunesischen Innenministeriums ein Mitglied der Hafenwache. Er habe zunächst einen Kollegen am Hafen von Aghir im Süden der Insel getötet, dessen Dienstwaffe, Munition und ein Quad entwendet und sich danach in Richtung der Synagoge begeben. Dort habe er vor dem Gebäudekomplex weitere Schüsse abgefeuert. Mindestens ein weiterer Polizist und zwei Besucher der Pilgerfahrt seien dabei getötet, weitere Sicherheitskräfte und vier Zivilisten verletzt worden.

Bei den getöteten Pilgern handelt es sich den tunesischen Medienberichten zufolge um einen tunesischen Juden aus Djerba sowie seinen Cousin, einen französischen Staatsbürger tunesischer Herkunft. In der Nacht hatte bereits das tunesische Außenministerium die Nationalitäten der zivilen Opfer bestätigt. Lokale Medien meldeten am Mittwoch, dass eine weitere Person ihren Verletzungen erlegen sei.

Zu den möglichen Motiven des Angreifers gab es zunächst keine Informationen. Von Pilgern aufgenommene Videos, die auf sozialen Netzwerken verbreitet wurden, zeigten panische Besucher innerhalb des Gebäudekomplexes der Synagoge.

Die jährliche Pilgerfahrt zur La Ghriba-Synagoge ging am Dienstagabend nach sechs Tagen zu Ende. Dieses Jahr nahmen nach Angaben der Organisatoren rund 5.000 Gläubige teil. Neben Mitgliedern der rund 1.500 Personen zählenden jüdischen Gemeinde in Tunesiern waren darunter auch viele Ausländer. Die Pilgerfahrt zum Lag BaOmer-Fest ist der jährliche Höhepunkt jüdischen Lebens in Tunesien, zu dem viele tunesischstämmige Jüdinnen und Juden das Land besuchen. Nach einem Besuchereinbruch während der Corona-Pandemie hatte sie dieses Jahr wieder in vollem Umfang stattgefunden.

Bei der La Ghriba-Synagoge handelt es sich um die älteste noch genutzte Synagoge auf dem afrikanischen Kontinent. Sie stammt aus dem 6. Jahrhundert, das aktuelle Gebäude wurde jedoch erst im 19. Jahrhundert errichtet. Auch außerhalb der Wallfahrt ist sie eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der bei Touristen beliebten Insel.

Im April 2002 war sie bereits einmal Schauplatz eines Attentats geworden. Damals hatte ein Al-Kaida-Kämpfer einen Tanklaster gegen die Mauer des Gotteshauses gelenkt. Bei dem Anschlag waren mindestens 19 Menschen getötet worden, darunter 14 deutsche Touristen.