Hildesheim (epd). Kirchliche Gottesdienste brauchen nach Auffassung des Theologie-Professors und Liturgie-Experten Jochen Arnold künftig noch mehr Bereitschaft, sich auf die Menschen und ihr Leben einzulassen. Außerdem gelte es, den Gottesdienst als Fest wiederzuentdecken, sagte der Direktor des Michaelisklosters in Hildesheim dem Evangelischen Pressedienst (epd) nach einem Kongress in der evangelischen Fortbildungsstätte. „Das heißt, dass wir die Party nicht nur dem Schützenfest überlassen, sondern erlebbar machen: Die Party findet tatsächlich bei uns statt.“ Bei dem Kongress „Quo vadis, Gottesdienst?“ trafen sich bis zum Donnerstag rund 130 Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche und Wissenschaft aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Statistiken zeigten, dass es einen Bedeutungsverlust des Gottesdienstes gebe, besonders am Sonntagmorgen. Zugleich werde deutlich, dass Gottesdienste sehr vielfältig seien und teilweise auch in unterschiedlichen Formen und Gestalten Zulauf fänden. Das zeigten die Gottesdienste mit Event-Charakter wie an Heiligabend, Ostern oder Erntedank ebenso wie die Formate, die während der Corona-Zeit digital, im Freien oder auch im Wohnzimmer entstanden seien. „Das gottesdienstliche Herz der Kirche schlägt weiter.“
Beim Blick auf die niedrigen Besucherzahlen gehe es nicht darum, wie das Kaninchen angstvoll auf die Schlange zu starren, betonte Arnold, der auch Vorsitzender der Liturgischen Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. „Wir wollen einen neuen Aufbruch wagen und uns öffnen, um uns zu den Menschen und ihren Fragen und Bedürfnissen hinbewegen.“ Wichtig sei in diesem Zusammenhang der Gedanke einer inklusiven Kirche. Es gelte, Menschen diverser Kulturen und Frömmigkeit, Sprachen und Neigungen mit einer offenen Willkommenskultur so zu empfangen, dass sie sich im geistlichen Angebot zu Hause fühlten.
Für den Gottesdienst der Zukunft gebe es kein Patentrezept, unterstrich Arnold. Eine Vielzahl von Formaten müsse für eine einladende Kirche im 21. Jahrhundert stehen. Von den Kirchenleitungen brauche es eine klare Ermutigung, dass der Gottesdienst am Sonntagmorgen um 10 Uhr wichtig bleibe, aber eine Option unter anderen Formen werde. Auch könnte die Kirche viel öfter beim Abendmahl eine richtige Mahlzeit in den Gottesdienst einbinden, anstelle eines „Abendmahls-to-go“ oder eines kurzen Kirchencafés im Anschluss. Nur so komme Festfreude auf.
Ebenso wichtig für gelingende Gottesdienst-Angebote sei die musikalische Vielfalt, von Choral über Taizé-Lieder bis zu Gospel. Diese sollten „mit Geschmack“ gemischt werden, mahnte Arnold. „Wenn zu viele musikalische Zutaten in eine Gottesdienst-Suppe gerührt werden, kann das den Geschmack beeinträchtigen.“ Insgesamt müsse das „Gottesdienst-Buffet“ stimmen. Wichtig sei deshalb, dass die Gottesdienstangebote in einer Region besser aufeinander abgestimmt werden.