Berlin (epd). Der auf Daten und Erfahrungen von Nichtregierungsorganisationen beruhende „Atlas der Zivilgesellschaft“ beklagt die Behinderung von Flüchtlingshelfern in vielen Staaten der Welt, auch in Europa. „Wer sich für Menschen einsetzt, die Schutz und Unterstützung am dringendsten brauchen, wird kriminalisiert, an der Arbeit gehindert oder bedroht“, sagte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks „Brot für die Welt“, Dagmar Pruin, am Mittwoch in Berlin. Mit Blick auf Europa kritisierte sie, die Regierungen blockierten die Seenotrettung im Mittelmeer massiv. Der 88-seitige Bericht schildert zudem, wie in Griechenland, Polen und Ungarn Rechte von Flüchtlingen und ihren Unterstützerinnen sowie Unterstützern unter Druck geraten.
Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen, stünden „im Zentrum einer globalen politischen Auseinandersetzung um menschliche Bewegungsfreiheit, Menschenrechte und Gerechtigkeit“, heißt es im „Atlas der Zivilgesellschaft“, in dem auch Vertreter und Vertreterinnen von Organisationen zu Wort kommen. Sie seien weltweit das Ziel politischer Angriffe und Diffamierungen, „auch deshalb, weil sie bisweilen als Sündenböcke leichter zu attackieren sind als Flüchtlinge selbst“, resümiert der Bericht. Zu beobachten sei das nicht nur in autokratischen, sondern auch demokratischen Staaten. Auch diese wollten keine Zeugen, wenn sie Flüchtlinge entrechteten.
Der von „Brot für die Welt“ herausgegebene Bericht basiert nach dessen Angaben auf Erhebungen des Netzwerks für bürgerschaftliches Engagement, Civicus. Er beleuchtet, wie groß in jedem Land der Welt die Spielräume für das Engagement der Zivilgesellschaft sind. Wichtige Kriterien dafür sind etwa die Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit. Auf einer fünfstufigen Skala von „offen“ bis „geschlossen“ stuft der Atlas die Freiheiten für jedes Land ein. Deutschland wird dabei als einer von 38 „offenen“ Staaten geführt, während Länder wie Afghanistan, Russland und Iran am unteren Ende der Skala stehen.
Mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung lebe in solchen „geschlossenen“ Staaten, heißt es im Bericht. Als besorgniserregende Trends benennt der Bericht zunehmende Militärputsche, die häufige Einschränkung von Versammlungsfreiheit, digitale Überwachung der Bürgerinnen und Bürger sowie Desinformation. Ein weiterer Trend sei die Einschränkung von Klimaaktivisten. Von Brasilien über die USA bis nach Polen würden sie als Staatsfeinde oder Klimaterroristinnen verleumdet, heißt es im Bericht.