Potsdam (epd). Fast 80 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus ist ein weiteres Verfahren wegen NS-Verbrechen ohne rechtskräftiges Urteil zu Ende gegangen. Der im vergangenen Jahr vom Landgericht Neuruppin verurteilte KZ-Wachmann Josef S. sei am 11. April mit 102 Jahren gestorben, bestätigte das Gericht am Donnerstagmorgen. Der Verteidiger von S. hatte nach dem Urteil Revision eingelegt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu stand noch aus.
Das Landgericht Neuruppin hatte Josef S. wegen Beihilfe zum Mord und zum versuchten Mord zu fünf Jahren Haft verurteilt. Mit seinem Dienst im Konzentrationslager Sachsenhausen habe S. „Terror und Massenmord gefördert“, hieß es bei der Urteilsverkündung. Dies sei ihm auch bewusst gewesen. Mit seiner Wachtätigkeit habe er die NS-Verbrechen in dem KZ in Oranienburg bereitwillig unterstützt. (Az.: 11 Ks 4/21)
In dem fast 100 Seiten langen Urteil, heißt es weiter, S. habe seinen Dienst im KZ „im Bewusstsein des dadurch geförderten Massenmordes dennoch gewissenhaft und zuverlässig“ ausgeübt. Er sei „willfähriger und effizienter Angehöriger des Wachsturmbanns“ gewesen. Das Gericht habe keinen Zweifel, dass er gewusst habe, dass die Tötungen im Konzentrationslager Sachsenhausen „Unrecht waren, für das es keinerlei Rechtfertigung gab“.
In den vergangenen Jahren waren bereits in anderen Fällen Prozesse gegen frühere KZ-Bedienstete ohne rechtskräftiges Urteil zu Ende gegangen, weil die Verurteilten vor der abschließenden Gerichtsentscheidung starben. Dazu gehört unter anderem der Fall John Demjanjuk.