Politikwissenschaftler: Warnstreik am Montag wahrt Augenmaß

Politikwissenschaftler: Warnstreik am Montag wahrt Augenmaß
26.03.2023
epd
epd-Gespräch: Luca Kissel

Kassel (epd). Der für Montag angekündigte gemeinsame Warnstreik von zwei Gewerkschaften ist nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Wolfgang Schroeder vertretbar. „Die Gewerkschaften arbeiten, soweit dies erkennbar ist, mit Augenmaß“, sagte der Kasseler Professor dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf den Ausstand, zu dem die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sowie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG aufrufen. Der Wissenschaftler bewertet den Streik auch als zielführend im Hinblick auf einen erfolgreichen Lohnabschluss. Er dürfte unter anderem aufgrund der frühzeitigen Ankündigung auf Verständnis bei der Bevölkerung stoßen.

Gleichwohl kann Schroeder den Unmut mancher Menschen nachvollziehen, schließlich werde die Bewegungsfreiheit der Menschen eingeschränkt. Doch ein Blick auf repräsentative Umfragen der zurückliegenden Jahre zeige eine hohe Zustimmungsrate: „So haben beispielsweise den Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die den Verkehr in den vergangenen Jahren oftmals lahmlegten, meist 50 bis 80 Prozent der Bevölkerung zugestimmt.“

Die gemeinsamen Aktivitäten der Gewerkschaften sind dem Politikwissenschaftler zufolge aus einer besonderen Lage heraus entstanden. „Es ist schon etwas Besonderes, dass zwei Gewerkschaften, die bislang eher wenig miteinander zu tun hatten, gemeinsam zum Streik aufrufen“, sagte er. Sie resultierten aus Ereignissen der vergangenen Jahre: Die Corona-Pandemie habe den Gewerkschaften über einen langen Zeitraum die Möglichkeit genommen, Tarifauseinandersetzungen öffentlich auszutragen. „Des Weiteren sind die Gewerkschaften mit der exorbitanten Inflation konfrontiert“, sagte Schroeder. Um den Kaufkraftverlust ihrer Mitglieder zu begrenzen, müssten die Gewerkschaften hohe Forderungen an die Arbeitgeber stellen.