Juristin fordert mehr Einsatz gegen sexualisierte Gewalt im Netz

Juristin fordert mehr Einsatz gegen sexualisierte Gewalt im Netz
25.03.2023
epd
epd-Gespräch: Frank Bretschneider

Berlin, Düsseldorf (epd). Gegen sexuelle Anfeindungen in den sozialen Netzwerken fordert die Juristin Anna Wegscheider mehr politischen und juristischen Einsatz. Notwendig sei vor allem eine konsequente Strafverfolgung, sagte die Expertin der in Berlin ansässigen Beratungsorganisation HateAid dem Evangelischen Pressedienst (epd). HateAid ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für Menschenrechte im digitalen Raum einsetzt und sich gegen digitale Gewalt und ihre Folgen engagiert.

Frauen seien zwar die größte und eine der am stärksten von sexualisierter Gewalt bedrohten Gruppen, erläuterte Wegscheider. Aber auch Personen der sogenannten LGBTIQA-Gruppe (lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen) seien vermehrt betroffen.

Die Angriffe geschehen den Angaben zufolge in Form von verbalen Drohungen, der Veröffentlichung privater Daten oder intimer Bilder, Bildmanipulationen mit sexuellem Hintergrund oder sogenannten Fakeprofilen mit falschen Behauptungen. Als Folge solcher Anfeindungen werde aber nicht nur die Meinungsfreiheit der Angegriffenen eingeschränkt, sondern der freie Diskurs im gesamten Internet gefährdet, warnte Wegscheider. Zunehmend richteten sich solche Einschüchterungen auch gegen Frauen in öffentlichen Positionen wie beispielsweise Politikerinnen. Ohne Gegenmaßnahmen werde sich diese Entwicklung weiter zuspitzen, weil die Angst vor einer Teilnahme an Netzwerken zunehme.

Einen verbesserten Schutz gegen digitale Anfeindungen könne es zwar nur über konsequente europaweite Maßnahmen geben, aber auch auf Landesebene sei ein Gegensteuern sinnvoll, betonte Wegscheider. So hat beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die SPD jüngst einen Landesaktionsplan gefordert, der eine landeseigene, zentrale Anlaufstelle für Opfer digitaler Übergriffe und Anfeindungen beinhaltet. Außerdem sollen dem Plan zufolge Hass und sexualisierte Gewalt im digitalen Raum fächerübergreifend in der Schule behandelt und auch in der Polizeiausbildung als Thema stärker fokussiert werden.

„Wir brauchen mehr Sensibilisierung für das eigene Verhalten im Internet, aber nicht nur bei den Schülern, die in der digitalen Welt aufwachsen, sondern auch bei den Erwachsenen“, machte Wegscheider deutlich. Dass es vielfach an Verständnis für rechtswidriges Verhalten im Internet fehle, zeigten jene Fälle, in denen die Bedrohung nicht anonym, sondern mit Klarnamen erfolge.

Es sei ein wichtiges Signal, wenn Täter für ihr Handeln im digitalen Raum zur Verantwortung gezogen würden, sagte die Juristin. Zwar seien viele anonym unterwegs, doch sollte in jedem Fall Anzeige erstattet werden.