Frankfurt a.M. (epd). Frauen in Nordwest-Syrien leiden einer Studie zufolge besonders unter der desaströsen Lage des Gesundheitssystems in der Konfliktregion. Die von allen Kriegsparteien als Taktik eingesetzten Angriffe auf Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen verhinderten beispielsweise eine angemessene Versorgung während Schwangerschaft und Geburt, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht mehrerer Hilfsorganisationen. So entscheide sich eine hohe Zahl an Frauen aus Angst vor Gefechten für einen Kaiserschnitt statt einer normalen Geburt, um die Zeit in der Klinik zu verkürzen.
Auch fürchteten Frauen, zu vorgeburtlichen Untersuchungen zu gehen, allein schon, weil sie dafür die Gefahr langer Wege auf sich nehmen müssten, hieß es in der Studie von International Rescue Commitee (IRC), Physicians for Human Rights (PHR), Syria Relief & Development (SRD) und Syriena American Medical Society (Sams). Nötige Arztbesuche und die Einnahme von Medikamenten würden verschoben, teils mit gravierenden Folgen für die Frauen und ihre Kinder.
Die gestiegenen Kosten für Transport und Behandlung stellen laut Studie ein weiteres Problem dar. Zudem hätten die Erdbeben vom Februar die Lage zusätzlich verschlechtert. 2,3 Millionen Frauen und Mädchen in Nordwest-Syrien haben demnach keinen Zugang zu ausreichender medizinischer Versorgung, darunter für sexuelle und reproduktive Gesundheit.
Trotz der umfangreichen Beweise für gezielte Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen habe die Staatengemeinschaft nur wenig dafür getan, die Täter zur Verantwortung zu ziehen oder das Gesundheitspersonal zu schützen, kritisierten die Organisationen. Auch gingen die Attacken ungeachtet der 2020 vereinbarten Feuerpause weiter. Drei Luftangriffe auf Gesundheitseinrichtungen seien seitdem registriert worden. Die Kämpfe hätten das Gesundheitspersonal dazu gezwungen, sich zurückzuziehen, sodass viele Menschen nicht erreicht würden.
Die Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen müssten sofort eingestellt, und die humanitäre Hilfe in der Region müsse deutlich aufgestockt werden, forderten die Organisationen. Für den Bericht wurden 250 Personen befragt, die meisten von ihnen Frauen, darunter Gesundheitspersonal und Geflüchtete.