Altbundespräsident Gauck: Terror-Opfer nicht alleinlassen

Altbundespräsident Gauck: Terror-Opfer nicht alleinlassen
Die rechtsextremen NSU-Morde, Berlin, Halle an der Saale, Hanau - Terroranschläge haben auch in Deutschland immer wieder Opfer gefordert. Am Gedenktag am Samstag wurde an sie erinnert. Altbundespräsident Gauck rief zum Zusammenhalt auf.

Berlin (epd). Am Nationalen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt haben Vertreter von Politik und Gesellschaft zum Einsatz gegen Gewalt aufgerufen. Altbundespräsident Joachim Gauck sagte bei der zentralen Gedenkveranstaltung am Samstag in Berlin, die Folgen terroristischer Gewalt im In- und Ausland lösten „Entsetzen, Trauer, Verzweiflung und auch Wut“ aus. Opfer und Angehörige, die „an Seele und Körper verletzt werden“, dürften nicht alleingelassen werden.

Terroranschläge zielten mitten in den Alltag und auf die gesamte Gesellschaft, sagte Gauck. Sie träfen ahnungslose Menschen und seien gegen Freiheit und Demokratie gerichtet. „Es sind immer Angriffe auf die ganze Gesellschaft“, betonte der evangelische Theologe. Auf den „Hass der Täter“ dürfe jedoch nicht mit Hass reagiert werden, sagte Gauck: „Unsere Demokratie, sie soll liberal bleiben und zugleich wehrhaft sein.“

Der Altbundespräsident warnte zugleich davor, vom Staat völlige Sicherheit zu erwarten. Keine Regierung könne jede Gefahr abwehren, sagte er: „Das sind Elemente unseres Daseins.“ Der Staat müsse zwar aktiver werden, könne jedoch nicht alles lösen. Frieden, Freiheit und Sicherheit müssten gemeinsam verteidigt werden. In einer pluralistischen Gesellschaft könne der Zusammenhalt nur mit einem gemeinsamen Wertekodex gewahrt werden.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte bei der Gedenkstunde, keine terroristische Gewalt dürfe „ihre zerstörerischen Ziele erreichen“. Der Staat müsse sich bereits dann „in den Weg stellen“, wenn Gewalt in Worten und Gesten beginne, Gestalt anzunehmen, sagte er: „Hass auf unsere freiheitliche Lebensweise verdient nicht die geringste Toleranz.“

Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), betonte, Staat, Gesellschaft und Behörden müssten lernen, mit Betroffenen einfühlsamer und angemessener umzugehen. Es habe an vielen Stellen Versagen gegeben, das trotz Verbesserungen teils bis heute anhalte, sagte der evangelische Theologe bei der Gedenkstunde. Der Gedenktag müsse deshalb auch Raum für offene Worte geben, damit aus den Versäumnissen der Vergangenheit gelernt werden könne. Kober hat das Amt seit 2022 inne.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) rief dazu auf, die Erinnerung wachzuhalten. „In ihrem Fanatismus glauben Terroristen, ihre Opfer würden nichts zählen. Sie täuschen sich. Jeder Mensch zählt“, erklärte Faeser am Samstag in Berlin: „Deswegen müssen wir die Erinnerung an jeden Einzelnen wachhalten, der Opfer terroristischer Gewalt wurde.“ Für das Vertrauen in die Demokratie und den Zusammenhalt der Gesellschaft sei es wichtig, dass sich „alle staatlichen Stellen mit größtmöglicher Empathie, Sensibilität und Unterstützung um die Opfer terroristischer Gewalt kümmern“.

Der nationale Gedenktag in Deutschland wurde zum zweiten Mal begangen. Er knüpft an den Europäischen Gedenktag für die Opfer des Terrorismus an, der nach den islamistischen Bombenanschlägen in Madrid vom 11. März 2004 ins Leben gerufen wurde. Die Europäische Union gedenkt seit 2005 jährlich an diesem Tag der Betroffenen terroristischer Gräueltaten weltweit.