Elektronische Patientenakte: Lauterbach will Fortschritte sehen

Elektronische Patientenakte: Lauterbach will Fortschritte sehen
Befunde, Arztberichte oder Verschreibungen werden in Deutschland bisher nicht in elektronischen Patientenakten zusammengeführt. Auch die Nutzung der Daten für die Forschung kommt nicht voran. Der Gesundheitsminister will jetzt Druck machen.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will den Stillstand bei der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) beenden. Er nannte am Donnerstag in Berlin kurzfristige Ziele: In zwei Jahren sollen 80 Prozent der Versicherten eine elektronische Akte haben. Bis zum Ende des Jahres 2025 sollen für die ePA-Nutzer, die Medikamente verschrieben bekommen, diese auch in der Akte eingetragen sein.

Lauterbach sagte, die Grundlagen für die Digitalisierung seien vor 20 Jahren gelegt, aber nicht umgesetzt worden. In der Ärzteschaft hätten viele das Projekt aufgegeben. „Dem wollen wir mit Druck begegnen“, betonte Lauterbach. In Hinblick auf die Patientinnen und Patienten sagte der Minister, er rechne nicht mit viel Widerstand. Die meisten Versicherten wollten eine elektronische Akte.

Die elektronische Patientenakte soll bis Ende 2024 für alle gesetzlich Versicherten startbereit sein. Sie wird automatisch angelegt, es sei denn, die Versicherten widersprechen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sollen Befunde, Berichte oder Verschreibungen in der ePA einsehen können. Das bedeute „einen Sprung in der Verbesserung der Versorgung“, sagte Lauterbach. Inwieweit Patienten steuern können, welche Informationen sie für wen freigeben, wird dem Ministerium zufolge noch geklärt.

Lauterbach plant zwei Gesetze zur Beschleunigung der Digitalisierung, ein Digitalgesetz für die elektronische Patientenakte, E-Rezepte und Telemedizin sowie ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz, das den Zugang von Forschung und Industrie zu den Patientendaten und die Zusammenführung von anonymisierten Daten zu Forschungszwecken regeln soll. Bis 2026 sollen 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten realisiert werden.

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege, der Kölner Krebsforscher Michael Hallek, sagte, Deutschland sei wegen des Mangels an Gesundheitsdaten in der Krebsforschung weit zurückgefallen. Neue Erkenntnisse würden heute vor allem aus der Auswertung von Daten gewonnen. Hallek erinnerte daran, dass Deutschland sich in der Pandemie an Daten und Studien aus dem Ausland habe orientieren müssen.

Gesetzlich Versicherte können schon seit dem 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte bei ihrer Krankenkasse beantragen und sie über eine App auch selbst verwalten. Laut Bundesgesundheitsministerium machen weniger als ein Prozent der Versicherten davon Gebrauch. Privatpatienten erhalten eine ePA seit Anfang 2022.

Während die Krankenkassen Lauterbachs Pläne begrüßten, äußerten sich die Kassenärzte kritisch. Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen, Doris Pfeiffer, erklärte, alle Akteure im Gesundheitswesen müssten die Chancen der Digitalisierung nutzen. Wichtig sei beispielsweise, die Ärzte zu verpflichten, die E-Akte auch zu befüllen. Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sprach hingegen von „einer Art Zwangsbeglückung“. Es müsse unbedingt vermieden werden, dass die ePA unausgereift durchgesetzt werde und bei Ärzten und Patienten an Akzeptanz verliere.

Die Techniker Krankenkasse, drang hingegen darauf, dass die E-Akte schnell kommt und einfach zu bedienen ist. Die deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die verpflichtende Einführung einer E-Akte im Grundsatz. Vorstand Eugen Brysch erklärte aber, den Bürgern dürfe nicht die Kontrolle über ihre medizinischen Daten entzogen werden. „Schweigen bedeutet nicht Zustimmung“, sagte Brysch.