Hamburg, Rom (epd). Der frühere „Ökumene-Minister“ des Vatikans, Kurienkardinal Walter Kasper, hat Papst Franziskus mit Blick auf den Synodalen Weg gegen Kritik aus Deutschland verteidigt. „Papst Franziskus will selbstverständlich Reformen“, sagte Kasper der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ anlässlich seines 90. Geburtstags am 5. März: „Vielen Anliegen des deutschen Synodalen Wegs kann er sicherlich zustimmen. Bei anderen hat er den Eindruck, dass sie die Einheit des Glaubens in der Weltkirche massiv gefährden würden.“
Bevor es den Synodalen Weg überhaupt gab, habe Papst Franziskus Synodalität gefordert, fügte Kasper hinzu: „Alle wichtigen Themen des Synodalen Weges waren längst auf seiner Agenda: die Mitwirkung der Laien, der Abbau des Klerikalismus, die Förderung der Frauen im Dienst der Kirche, die Überwindung der Verbotsmoral und die Stärkung des Gewissens, die Achtung vor gleichgeschlechtlich orientierten Menschen, die Aufklärung des sexuellen und geistlichen Missbrauchs, die Reform des Kirchenrechts und der römischen Kurie.“
Das alles sei in der Kirche möglich, „ohne die Kirche auf den Kopf zu stellen“, unterstrich Kasper: „Papst Franziskus packt Probleme an, die der Synodale Weg mit seiner rein binnenkirchlichen Perspektive vergisst und vernachlässigt: die Glaubenskrise im Westen, die Klimakrise, die westliche Mitschuld an himmelschreiender Ungerechtigkeit in der Welt, die Verantwortung für den Frieden.“
Kasper, früherer Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, äußerte zudem seine Beschämung über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche: „Ich habe mir eine solche Situation lange Zeit nicht vorstellen können. Geschämt habe ich mich, dass auch Priester Minderjährigen durch sexuellen Missbrauch für ihr ganzes Leben schweres Leid zugefügt haben und dass diese Taten oft auch noch vertuscht wurden.“
Er sei bis heute jedes Mal schockiert, wenn er die Berichte Betroffener lese, fügte Kasper hinzu: „Inzwischen hat der Missbrauch zur tiefsten Krise seit der Reformation geführt. Gegen ihren ureigenen Auftrag, sich für das Leben einzusetzen, hat die Kirche, statt die Schwachen zu schützen, vor allem ihre eigene Institution und die Täter geschützt.“
Walter Kasper wurde am 5. März 1933 in Heidenheim an der Brenz geboren. Von 1989 bis 1999 leitete er die Diözese Rottenburg-Stuttgart, bevor ihn Papst Johannes Paul II. in den Rat zur Förderung der Einheit der Christen berief. Er war an zwei Papstwahlen beteiligt. Zum Synodalen Weg in Deutschland, der weitgehende Reformen in der katholischen Kirche anmahnt, hatte er sich mehrfach kritisch geäußert.