Pullach (epd). In der Debatte um eine mögliche Umbenennung der Bischof-Meiser-Straße im bayerischen Pullach hat der Gemeinderat Infotafeln zum früheren evangelischen Landesbischof Hans Meiser (1881-1956) am Dienstagabend abgelehnt. Über den Antrag des Pullacher Geschichtsforums zur Umbenennung der Straße soll laut Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) voraussichtlich in der Juni-Sitzung entschieden werden. Seit zwei Jahren ringt die politische Gemeinde Pullach um ihre Bischof-Meiser-Straße. Hintergrund ist die ambivalente Rolle des ersten bayerischen Landesbischofs während der NS-Zeit.
Der Gemeinderat beschloss bei seiner Sitzung weiter, die vier Textentwürfe der Historikerin und Meiser-Biografin Nora Schulze auf der Internetseite der Kommune zu veröffentlichen. Darauf solle „in geeigneter Weise“ hingewiesen werden - zum Beispiel mithilfe eines QR-Codes am Schild der Bischof-Meiser-Straße. Das Studienseminar der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist Anrainer der Bischof-Meiser-Straße und sollte an der Aufklärung über die Person Meisers, der 1948 Mitgründer der VELKD war, beteiligt werden.
Der Abstimmung waren Wortmeldungen vorausgegangen, die das Verhalten der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland mit Sitz in Hannover in der Angelegenheit kritisierten. So seien die vier Texttafeln über die Rolle des ersten bayerischen Landesbischofs während der NS-Zeit ursprünglich für das Foyer oder den Innenhof des Studienseminars konzipiert worden. Dies sei aber nicht umgesetzt worden.
Hans Meiser (1881-1956) war von 1933 bis 1955 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB). Seine Befürworter halten ihm zugute, dass er den Anschluss der bayerischen Lutheraner an die regimetreuen „Deutschen Christen“ verhinderte und sich für die Rettung „nichtarischer Christen“ einsetzte. Kritiker werfen dem Theologen vor, dass er in zwei Aufsätzen „dezidiert antisemitisch“ argumentierte und in der NS-Zeit öffentlich zu Judenverfolgung und Euthanasie schwieg.
Im Jahr 2007 hatten Nürnberg und München ihre nach dem ehemaligen Landesbischof benannten Straßen per Stadtratsbeschluss umbenannt. Bayreuth lehnte eine Namensänderung im Jahr 2010 zunächst ab; 2022 stimmte eine Mehrheit des Stadtrats doch noch für die Umbenennung. Für die Beibehaltung des Straßennamens entschieden sich Weiden (2009) und Ansbach (2006 und 2013).