Frankfurt am Main, Goma (epd). Die Staatengemeinschaft muss nach Ansicht von Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege mehr gegen das Blutvergießen im Osten der Demokratischen Republik Kongo unternehmen. Es sei an der Zeit, „die Gleichgültigkeit, die Untätigkeit und das komplizenhafte Schweigen der internationalen Gemeinschaft“ zu beenden und die kongolesische Tragödie zu beachten, sagte der Frauenarzt und Menschenrechtler dem UN-finanzierten Sender Radio Okapi in einem am Dienstag veröffentlichten Interview.
Es brauche Sanktionen und Auflagen für die internationale Hilfe, forderte Mukwege anlässlich des zehnten Jahrestags der Unterzeichnung des Rahmenabkommens für Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit für den Kongo und die Region. Denn die Stabilität im Herzen Afrikas sei unabdingbar, für den internationalen Frieden ebenso wie für die Weltwirtschaft und die Energiewende, sagte der Gynäkologe.
Im Osten des Kongo herrscht seit Jahrzehnten blutige Gewalt, weil die Armee und zahlreiche Milizen um die Macht und die Kontrolle über die reichen Rohstoffvorkommen kämpfen. Mukwege setzt sich in der Region seit langer Zeit für Frauen ein, die der grassierenden sexualisierten Gewalt zum Opfer gefallen sind.
Angesichts des weltweiten Aufschreis über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine warf der vielfach ausgezeichnete Mediziner der internationalen Gemeinschaft Doppelmoral vor. Die Leidenden sehnten sich weltweit nach Würde und Gerechtigkeit, sagte er.
Die größte und bestorganisierte Miliz im Ostkongo ist derzeit die M23, die laut den Vereinten Nationen vom Nachbarland Ruanda unterstützt wird. Der ruandische Präsident hat dies stets zurückgewiesen. In den vergangenen Monaten hat die Rebellengruppe etliche wichtige Verkehrsknotenpunkte und Ortschaften rund um Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu, unter ihre Kontrolle gebracht. Am Sonntag hatte der Flugdienst für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen angekündigt, seine Flüge in der Provinz Nord-Kivu vorerst einzustellen. Ein Hubschrauber der UN war am Freitag kurz vor Goma unter schweren Beschuss geraten, die Besatzung blieb unverletzt.