Tunis (epd). Die tunesische Regierung geht weiter gegen Regierungskritiker vor. Am Freitagmorgen wurde einer der führenden Köpfe des oppositionellen Bündnisses „Nationale Heilsfront“, Jawher Ben Mbarek, festgenommen, wie sein Vater Ezzedine Hazgui auf Facebook mitteilte. Er sitze nun gemeinsam mit weiteren Oppositionellen in Untersuchungshaft. Menschenrechtler kritisierten das Vorgehen der immer autoritärer agierenden Regierung unter Präsident Kais Saied.
Hazgui, der ebenfalls ein Demokratieaktivist ist, war am Donnerstag ebenfalls zwischenzeitlich in Gewahrsam. Nach der Durchsuchung seiner Wohnung sowie der seines Sohnes wurde er aber am Abend wieder freigelassen. In den vergangenen zwei Wochen waren in Tunesien mehrere Regierungskritiker festgenommen worden, darunter zwei Richter sowie der Direktor des Radiosenders Mosaique FM, Noureddine Boutar. Am Mittwoch wurden mit Issam Chebbi und Chaima Aissa zwei weitere Personen aus dem Umfeld der „Nationalen Heilsfront“ festgenommen.
Human Rights Watch (HRW) kritisierte das Vorgehen der Regierung. Die Behörden hätten keine soliden Beweise vorgelegt, um die Festnahmen zu begründen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Freitag. Der 2019 gewählte Präsident Saied regiert Tunesien zunehmend autoritär. Er hatte im Juli 2021 in einer rechtlich umstrittenen Form den Notstand ausgerufen. Seitdem hat er unter anderem das Parlament aufgelöst und regiert weitestgehend per Dekret. Im Sommer 2022 hat er in einem Referendum eine neue Verfassung verabschieden lassen.