Italien beschlagnahmt Rettungsschiff von "Ärzte ohne Grenzen"

Italien beschlagnahmt Rettungsschiff von "Ärzte ohne Grenzen"

Frankfurt a.M. (epd). Die italienischen Behörden haben das Rettungsschiff von „Ärzte ohne Grenzen“ im Mittelmeer beschlagnahmt. „Die Behörden kamen an Bord der 'Geo Barents' und benachrichtigten das Team, dass das Schiff festgesetzt wird und wir ein Bußgeld zu zahlen hätten“, erklärte die medizinische Hilfsorganisation in der Nacht auf Freitag auf Twitter. Die Besatzung habe am Freitag aus dem Hafen von Augusta zu einem weiteren Rettungseinsatz auslaufen wollen, sagte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag auf Nachfrage. „Wir prüfen derzeit, welche rechtlichen Schritte wir unternehmen können.“ Die Organisation nannte das Vorgehen der Behörden inakzeptabel.

Nach Berichten der italienischen Zeitung „La Repubblica“ hat die Präfektur von La Spezia das Schiff für 20 Tage beschlagnahmt und eine Buße von 10.000 Euro gegen „Ärzte ohne Grenzen“ verhängt. Die Präfektur beruft sich dafür demnach auf das international umstrittene Seenotrettungs-Dekret, das am Donnerstag nun auch im Senat in ein Gesetz umgewandelt wurde. Zur Begründung hieß es laut dem Bericht, die Besatzung habe nach der letzten Landung in Ancona nicht alle erforderlichen Informationen bereitgestellt.

Die rechtsextreme italienische Regierung geht entschieden gegen private Rettungsorganisationen im Mittelmeer vor. Nach dem Parlament hat nun auch der Senat das umstrittene Dekret von Innenminister Matteo Piantedosi mit Vorschriften für die Seenotrettung in ein Gesetz verwandelt. Es sieht unter anderem vor, dass Schiffe nach einer Rettungsaktion direkt einen vorgegebenen Hafen ansteuern. Weitere Notrufe müssten demnach ignoriert werden.

Menschenrechtsorganisationen und die UN verurteilten die Regeln mehrfach. Nach Einschätzung des UN-Menschenrechtskommissars Volker Türk gefährdet das Gesetz Menschenleben und bestraft Retterinnen und Retter wie Gerettete.

Eine staatlich organisierte Seenotrettung gibt es auf dem Mittelmeer nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Bei der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im vergangenen Jahr mindestens 2.367 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. In diesem Jahr sind es bereits 124. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.