Gewalt gegen Frauen: EU-Parlament macht Druck bei Istanbul-Konvention

Gewalt gegen Frauen: EU-Parlament macht Druck bei Istanbul-Konvention

Brüssel (epd). Um Frauen vor Gewalt zu schützen, hat das Europaparlament die Europäische Union (EU) dazu aufgerufen, die sogenannte Istanbul-Konvention zu ratifizieren. Jede dritte Frau in der EU erlebe im Laufe ihres Lebens körperliche oder sexuelle Gewalt, das seien 62 Millionen Frauen, sagte der Europaabgeordnete Łukasz Kohut am Mittwoch in Straßburg. „Unsere Aufgabe ist es, Gesetze zu machen, die Frauen Sicherheit garantieren. Die Istanbul-Konvention tut das.“ Er ist Mitautor eines Berichts, der den aktuellen Stand der Ratifizierung der Istanbul-Konvention innerhalb der EU evaluiert hat.

Die Istanbul-Konvention ist das erste rechtsverbindliche internationale Abkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Bis Dezember 2022 haben alle EU-Mitgliedstaaten das Abkommen unterzeichnet. Bulgarien, die Tschechische Republik, Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei haben das Übereinkommen jedoch nicht ratifiziert. Polen droht seit 2020, die Konvention wieder zu verlassen. Auch die EU selbst hat die Konvention 2017 unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.

Die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, begrüßte die Forderung des Parlaments. Die EU habe die Istanbul-Konvention vor sechs Jahren unterzeichnet, doch Gewalt gegen Frauen bleibe ein verbreitetes Phänomen in der EU, sagte sie.

Die Ratifizierung der Istanbul-Konvention in der EU war zunächst am fehlenden Konsens im Europäischen Rat und an einem institutionellen Streit um das Verfahren gescheitert. Der Rat argumentierte, dass Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten notwendig sei. Damit war eine Ratifizierung angesichts des Widerstands in Osteuropa unmöglich. Das Europaparlament argumentierte hingegen, es sei nur eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten nötig und fragte 2019 den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Dieser bestätigte 2021, dass die EU der Istanbul-Konvention schon mit qualifizierter Mehrheit im Rat beitreten könne.

Seit Januar hat Schweden die Ratspräsidentschaft inne. In ihrem Programm nennen die Schweden zwar den Kampf gegen Gewalt an Frauen als Ziel, die Istanbul-Konvention wird aber nicht namentlich genannt.