Diakonie-Präsident Lilie: Sozialstaat muss pragmatischer werden

Diakonie-Präsident Lilie: Sozialstaat muss pragmatischer werden

Augsburg (epd). Diakonie-Präsident Ulrich Lilie kritisiert eine schleppende Auszahlung der Hilfen in der Energiekrise. „Seit Monaten wussten wir, dass wir im Winter eine schwierige Situation haben“, sagte Lilie der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag). Die Hilfen wie Strom- und Gaspreisdeckel sowie Bürger- und Wohngeld kämen zu langsam und auch zu wenig zielgenau.

„Aktuell machen zu viele Menschen ihre Rechtsansprüche nicht geltend, und die Bearbeitungszeiten von Anträgen sind zu lang. Hier muss der Sozialstaat pragmatischer und unbürokratischer werden“, forderte der Präsident des evangelischen Wohlfahrtsverbandes. Trotz berechtigter Sorgen und Existenzängsten gebe es aber in Deutschland eines „der besten und ausdifferenziertesten Sozialsysteme der Welt“. „Wer so tut, als wäre der Unterschied zwischen Deutschland und einem Elendsquartier nur graduell, der redet die Krise der Demokratie populistisch herbei“, sagte Lilie.

„Um unsere soziale Infrastruktur fit für die Zukunft zu machen, brauchen wir kompetente Lotsen, die direkt durchs Hilfesystem führen“, sagte er. Aus Lilies Sicht wäre es sinnvoll, wenn es in jeder Gemeinde eine verlässliche Anlaufstelle für allgemeine Sozialberatung und allgemeine Sozialarbeit gäbe, dauerhaft und hinreichend finanziert. „Wir brauchen - vergleichbar zu den Hausärzten und -ärztinnen - ein verlässliches Netz von schnellen Hilfen, das einfach erreichbar ist“, forderte der Diakonie-Präsident: „Und wir müssen die Hilfen zukünftig insgesamt passgenauer, einfacher, zugänglicher und sehr viel pragmatischer gestalten.“