Gedenkstätten: Neuer Antisemitismus-Beauftragter gegen Pflichtbesuche

Gedenkstätten: Neuer Antisemitismus-Beauftragter gegen Pflichtbesuche
26.01.2023
epd
epd-Gespräch: Karen Miether

Hannover (epd). Der neue niedersächsische Antisemitismus-Beauftragte Gerhard Wegner hat sich gegen verpflichtende Besuche für Schüler in Gedenkstätten für frühere Konzentrationslager ausgesprochen. „Ich bin schon der Meinung, dass alle Schülerinnen und Schüler eine KZ-Gedenkstätte besichtigt haben sollten“, sagte er am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Aber anordnen sollten wir das nicht.“

Dies sei auch die Ansicht von Mitarbeitenden der Gedenkstätten, sagte Wegner. „Wer gezwungen wird, lernt nichts dabei oder gar das Falsche. Allerdings bin ich dafür, die jungen Menschen zu motivieren.“ Der evangelische Theologie-Professor Wegner (69) nimmt am 1. Februar das Ehrenamt als neuer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens in Niedersachsen auf.

Bei den antisemitischen Straftaten in Deutschland habe es zuletzt einen Zuwachs von 29 Prozent gegeben, sagte der künftige Beauftragte. „Da muss mehr als bisher passieren, auch wenn schon vieles sehr gut läuft.“ Mit Blick auf die Schulen ergänzte er, ein guter Geschichtsunterricht sei nur ein Weg von vielen, ebenso wie digitale Angebote. „Nötig sind auch Erfahrungen mit jüdischen Menschen, und das können heute nicht mehr oder nur begrenzt die Überlebenden der Schoah als Zeitzeugen sein.“ Er halte es für wichtig, dass jüdisches Leben in der Breite der Gesellschaft gut sichtbar werde.

Der frühere Leiter des Sozialwissenschaftlichen Institutes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hält zudem die Fragen für zentral, welche Situationen und Gelegenheiten Antisemitismus befördern und wie präventiv eingegriffen werden kann: „Ich komme ja aus den Sozialwissenschaften und würde das gerne näher ergründet wissen.“