Lange wurde über den Umgang mit der sogenannten "Judensau" am Dom zu Regensburg diskutiert. Vor allem stand eine alte Informationstafel in der Kritik, weil sie zu wenig auffällig war und die historische Dimension der Judenfeindlichkeit nicht ausreichend eingeordnet hatte. Am Montag ist nun eine neue Infotafel am katholischen Dom enthüllt worden. Mit deren Einweihung werde "ein Zeichen gegen Antisemitismus" gesetzt, sagte Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).
Die Tafel könne die Plastik historisch einordnen und deutlich machen, "dass sich der Freistaat als Eigentümer des Doms und die Diözese Regensburg als Nutzer von der judenfeindlichen Darstellung aus dem späten Mittelalter distanzieren", sagte der Minister. In Regensburg sei dies ein "Prozess mit Konsens" gewesen. Die Beteiligten eines Runden Tisches hätten "gemeinschaftlich einen Weg der Auseinandersetzung" mit diesem historischen Erbe gefunden, der als "Regensburger Weg" Vorbild für die Auseinandersetzung mit ähnlichen Schmähplastiken sein könne.
Der bayerische Antisemitismusbeauftragte und Initiator des Runden Tisches, Ludwig Spaenle, betonte, dass die Schmähplastik "Stein gewordener Antisemitismus" sei. Der Text der vorherigen Infotafel sei zu wenig distanzierend und "nicht hinnehmbar" gewesen, sagte er. Es sei Zeit geworden, dass "das Schandmal eingeordnet und der ätzende Hass in einen historischen Kontext gestellt wurde", betonte Spaenle.
Auch die Diözese Regensburg und das Domkapitel seien daran interessiert gewesen, den Text der Tafel zu aktualisieren, sagte Domprobst Franz Frühmorgen. Im Rahmen eines Rundes Tisches von Freistaat, Kirche, jüdischer Gemeinde und Denkmalamt sei dies nun gelungen. Die Diözese distanziere sich "in aller Entschiedenheit von solchen Verunglimpfungen und Schmähungen jüdischer Mitmenschen", ergänzte er.
Von diesen antisemitischen Darstellungen aus dem Mittelalter gibt es viele in und an Kirchen und Gebäuden in Deutschland und in Bayern, etwa in St. Sebald in Nürnberg und an der Cadolzburg. Der Bundesgerichtshof hatte im Jahr 2022 geurteilt, dass eine entsprechende Schmähplastik an der Wittenberger Stadtkirche nicht entfernt werden muss, weil sie durch die Informationstafeln zu einem Mahnmal geworden sei.
Eine Entfernung des Relikts vom Regensburger Dom stand für die Beteiligten des Runden Tisches nicht zur Debatte - trotz der judenfeindlichen Darstellung. "Wenn man die Plastik entfernt, ist ja der Antisemitismus nicht verschwunden", sagte Ilse Danziger, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Regensburg. Vielmehr biete die Infotafel die Chance, auf den bis heute existierenden Antisemitismus aufmerksam zu machen. "Das ist wegweisend für die Zukunft unseres Zusammenlebens", sagte sie.
Die Tafel ist an der Südseite des Doms gleich unterhalb der judenfeindlichen Schmähplastik angebracht. Diese zeigt jüdische Männer, die an den Zitzen einer Sau saugen - eine bewusste Diffamierung des Judentums. In der christlichen Kunst verkörperte das Schwein vor allem den Teufel. Behauptet wurde daher, dass Jüdinnen und Juden mit dem Teufel im Bunde seien.