Düsseldorf, Lützerath (epd). Nach dem Abriss des Dorfes Lützerath am Tagebau Garzweiler II halten die Proteste gegen die Abbaggerung der Braunkohle in der Region an. Am Dienstagmorgen drangen mehr als 100 Aktivisten in den Tagebau Inden vor und besetzten dort unter anderem einen Schaufelradbagger, wie ein Sprecher der Polizei Aachen sagte. Zudem hielt eine Gruppe von etwa 130 Menschen die Gleise der Nord-Süd-Kohlebahn zum Kraftwerk Neurath besetzt.
Laut dem Sprecher räumten die Aktivisten im Tagebau Inden gegen Mittag freiwillig den Kohlebagger und wurden aus dem Gelände geführt. Die Besetzung der Bahnstrecke dauerte am Nachmittag noch an, da einige der Teilnehmer sich weigerten, die Gleise zu verlassen, und weggetragen werden mussten.
Auch im Bereich Lützerath dauerten die Proteste an. So beteiligten sich mehrere Hundert Menschen an einer Demonstration, die von Keyenberg nach Holzweiler führte. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, als eine Gruppe von Demonstranten in den Tagebau laufen wollte. Mindestens eine Person sprang nach Angaben des Polizeisprechers in den Tagebau.
In Düsseldorf gab es ebenfalls eine Demonstration und eine Kundgebung gegen die Abbaggerung von Lützerath. Der Umzug, der vom Landtag in die Innenstadt führte, wurde von rund 150 Personen unterstützt. Laut der Polizei verlief die Demonstration zunächst weitgehend ruhig, allerdings blockierten offenbar einige der Teilnehmer vorübergehend die Aufzugsstrecke und setzten sich hin.
Proteste gab es auch vor dem NRW-Innenministerium in Düsseldorf. Rund 15 Aktivisten der Klimabewegung „Extinction Rebellion“ blockierten am Mittag den Eingang des Ministeriums, wie die Organisation mitteilte. Drei Menschen klebten sich an der Eingangstür fest. Die Gruppe fordert die Erhaltung von Lützerath und den Rücktritt von Innenminister Herbert Reul (CDU), dem sie „Polizeigewalt gegen friedliche Aktivisten“ während der Demonstration am Samstag und der Räumung von Lützerath vorwirft. Gegen 14 Uhr war die Aktion am Ministerium beendet.
Mehrere Initiativen hatten am Dienstag zu einer „Massenaktion“ und diversen Protesten aufgerufen. „Auch wenn ihr Lützerath zerstört, wir kämpfen weiter: Bis ihr aufhört, Kohle zu verbrennen, Fracking-Gas anzulanden und Autobahnen zu bauen“, sagte die Sprecherin von „Ende Gelände“, Charly Dietz.
Derweil sprach sich der rheinische Landespolizeipfarrer Dietrich Bredt-Dehnen in der Diskussion über Gewalt bei der Räumung von Lützerath für mehr Dialogformate zwischen Polizei und gesprächsbereiter Aktivistenszene aus. „Wir von der Polizeiseelsorge wünschen uns, dass die Zeit zwischen solchen Ereignissen genutzt wird, um miteinander ins Gespräch zu kommen“, sagte der leitende Landespolizeipfarrer der Evangelische Kirche im Rheinland dem Evangelischer Pressedienst (epd).
Bredt-Dehnen beklagte, dass es aktuell kaum möglich sei, differenzierte Sichtweisen einzubringen. Jede Seite versuche, die Deutungshoheit über den Einsatz in Lützerath zu gewinnen. In solch aufgeheizten Situationen sei es wichtig, genau hinzuschauen und nicht zu pauschalisieren. Es gebe auch unter den Einsatzkräften viele, die sich mit dem inhaltlichen Anliegen der Demonstrierenden identifizieren könnten und trotzdem die Einhaltung der Regeln durchsetzten.