Verein "Connection" fordert Asyl für russische Kriegsverweigerer

Verein "Connection" fordert Asyl für russische Kriegsverweigerer
16.01.2023
epd
epd-Gespräch: Alexander Lang

Offenbach (epd). Der Offenbacher Verein „Connection“, der Kriegsdienstverweigerer unterstützt, hat seit dem vergangenen September mehr als 1.000 Anfragen von Russen erhalten, die sich Putins Angriffskrieg entziehen wollten. Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Russland, aber auch aus der Ukraine und Belarus müssten in Deutschland Schutz und Asyl finden, fordert Geschäftsführer Rudi Friedrich im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Russische sogenannte Militärdienstentzieher erhielten in Deutschland aber nur in Einzelfällen Asyl, kritisierte er.

Der Verein „Connection“ berät Deserteure und Kriegsdienstverweigerer über eine Hotline per Telefon und E-Mail zu Fragen der Kriegsdienstverweigerung, zu Möglichkeiten der Ausreise und des Asyls. Er wurde 1996 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet.

In manchen Nachbarländern wie Kasachstan müssten geflüchtete Russen die Abschiebung befürchten, berichtet Friedrich. Russischen Deserteuren drohten in ihrer Heimat hohe Haftstrafen. In Russland sei eine Kriegsdienstverweigerung trotz bürokratischer Hürden möglich, allerdings nicht für Soldaten und Reservisten. Die Ukraine habe wegen des Krieges das Recht darauf ausgesetzt.

Nach Angaben von „Connection“ sind seit dem Beginn des Ukrainekrieges am 24. Februar 2022 rund 150.000 Männer im militärdienstpflichtigen Alter aus Russland nach Westeuropa geflohen, 145.000 waren es aus der Ukraine. Der Verein schätzt, dass bis Ende Juli 2022 rund 300 bis 400 wehrpflichtige Männer aus Russland in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Berlin differenziert bei seiner Statistik zu russischen Asylantragstellern nicht nach den Gründen.

Zumindest würden Deserteure und Kriegsdienstverweigerer, die meist über osteuropäische Nachbarländer ihren Weg nach Deutschland fänden, derzeit von den Behörden nicht abgeschoben, sagt Friedrich. Problematisch sei es, dass die baltischen Länder und Polen ihre Grenzen für Menschen aus Russland geschlossen hätten.

Russische Deserteure sähen sich in Deutschland auch immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, möglicherweise Spione zu sein, sagte Friedrich. „Damit werden alle, die sich richtigerweise dem Krieg verweigern, unter Generalverdacht gestellt.“ Für die abtrünnigen Soldaten sei der Entschluss, das Land zu verlassen, eine schwere Entscheidung. „Sie verlieren alles“, sagt Friedrich. Manche von ihnen führten als Fluchtgründe auch Familiennachzug oder persönliche Kontakte in die Ukraine an, ergänzt Friedrich.